© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/14 / 29. August 2014

Der Handelskrieg mit Rußland schadet der deutschen Wirtschaft
Die Sanktionsspirale stoppen
Jörg Fischer

Wir wollen auch mit Rußland gute Handelsbeziehungen haben“, sagte Angela Merkel im ARD-Sommerinterview. „Wir sind aufeinander angewiesen und haben im übrigen im Rest der Welt noch so viele Konflikte, an denen wir gemeinsam arbeiten sollten“, so die Bundeskanzlerin.

Nicht erst seit der Ukraine-Krise, sondern schon mit Beginn der dritten Amtszeit von Wladimir Putin als Präsident schert sich die Berliner Politik immer weniger um die mühsam aufgebauten deutsch-russischen Beziehungen. Daß beispielsweise jährlich mehr als 130.000 Tonnen Milchprodukte nach Rußland geliefert werden (JF 50/13), mögen schwarz-rot-grüne Sanktionsbefürworter damit kleinreden, daß dies nur drei Prozent der deutschen Produktionsmenge entspricht. Aber daß voriges Jahr 585.800 deutsche Autos in Rußland verkauft wurden, sollte nicht nur BMW, Daimler oder VW nachdenklich machen. Putins Reich ist der neuntgrößte Absatzmarkt der deutschen Autohersteller. Insgesamt haben die gegenseitigen Sanktionen die deutschen Exporteure im ersten Halbjahr bereits drei Milliarden Euro gekostet – das entspricht einem Rückgang der Ausfuhren von 15,5 Prozent auf knapp 15,3 Milliarden Euro. Besonders betroffen ist neben der Automobilindustrie der deutsche Maschinenbau. Am gesamten Rußlandgeschäft hängen etwa 300.000 deutsche Arbeitsplätze. Doch die Sanktionsspirale dreht sich munter weiter.

Noch viel entscheidender ist die Frage: Woher kommen demnächst Öl und Gas? Bislang bezieht Deutschland jeweils weit mehr als ein Drittel aus Rußland. Erdöl wäre – mit einem kräftigen Preisaufschlag – aus anderen Weltregionen beziehbar. Auf russisches Erdgas zu verzichten ist jedoch ökonomisch selbstmörderisch: Die einzige realistische Alternative – Flüssiggas aus Amerika, Algerien oder den Golfstaaten – ist doppelt so teuer wie russisches Gas und kurzfristig ohnehin technisch nicht lieferbar.

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