© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/14 / 29. August 2014

Zeitschriftenkritik: Academia
Katholische Identität in der Diktatur
Werner Olles

Der Überlebenskampf der Kirche in einem atheistischen, totalitären Staat und ihre Entwicklung nach dem Zusammenbruch des Sozialismus in den mittel- und osteuropäischen Staaten waren Gegenstand einer Tagung im Mai 2014 in Eichstätt anläßlich des 25. Jahrestages des Völkerfrühlings im europäischen Osten. Initiiert wurde die Veranstaltung vom Zentralinstitut für Mittel- und Osteuropastudien der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und dem Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung an der Technischen Universität Dresden. In der aktuellen Ausgabe der im 107. Jahrgang zweimonatlich erscheinenden Zeitschrift Academia des Cartellverbandes (CV) schildert die Historikerin und Germanistin Eva Daniela Seibel die Ereignisse, beginnend mit dem Umsturz in Rußland im Oktober 1917. Tatsächlich nahm der Leidensweg der orthodoxen Kirche unter der kommunistischen Diktatur vieles vorweg, was in anderen Ländern folgen sollte. Unmittelbar nach der Revolution setzte die Kirchenverfolgung ein und erreichte in der Zeit des „Großen Terrors“ (1936–1938) ihren Höhepunkt. Dennoch erteilte die Mehrheit der Bevölkerung dem atheistischen System eine klare Absage.

Die katholische Identität prägte auch die Sonderrolle Polens in Ostmitteleuropa. Die Überlebensstrategien des polnischen Katholizismus stellten den Absolutheitsanspruch des kommunistischen Regimes permanent in Frage; die mehrheitlich antikommunistischen Polen scharten sich um die katholische Kirche und zwangen die Parteiführung zu einer gewissen Flexibilität. Der unbeugsame polnische Primas, Kardinal Wyszynski, wurde schließlich interniert. 1956 verunsicherte der Aufstand in Ungarn das kommunistische System in ganz Osteuropa nachhaltig. Als Vorläufer der Befreiung vom Joch der kommunistischen Tyrannei stellten diese Ereignisse – genau wie die Rolle von Papst Johannes Paul II. und die „Wir sind ein Volk“-Bewegung in der DDR – beim Übergang von einer sozialistischen zu einer demokratischen Gesellschaft einen wichtigen Beitrag dar.

Im Mai 2014 war Papst Franziskus auf den Spuren seiner Vorgänger zu Besuch im Heiligen Land. Matthias Kopp beschreibt diese „Friedensmission zwischen Mauern“, deren politische Voraussetzungen äußerst heikel waren. Franziskus erlebte einen mehrfach geteilten Nahen Osten, wobei durch Israel ein tiefer gesellschaftlicher Riß zwischen einem säkularen Staat und einem streng jüdisch-religiösen Teil der Bevölkerung geht. Palästina zeigt sich ebenfalls gespalten, während in der Westbank die eher säkulare Fatah regiert, wird der Gazastreifen seit 2006 von der islamistischen Hamas beherrscht, die den Staat Israel vernichten will.

Verbandsnachrichten über die 128. Cartellversammlung, die Aachener Heiligtumsfahrt, den Studententag und den 99. Katholikentag in Regensburg, den der CV – mit etwa 30.000 Mitgliedern der größte deutsche Studentenverband – nach Kräften mitgestaltete, runden das Heft ab.

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