© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/14 / 05. September 2014

Ein Wahlerfolg gegen die Rußland-Krise
Alternative für Deutschland: Nach dem Einzug in den sächsischen Landtag sieht sich die AfD endgültig angekommen und eines Problems entledigt
Marcus Schmidt

Als Frauke Petry am Montag morgen in Berlin vor die Hauptstadtpresse tritt, sind ihr die Strapazen der vergangenen Wochen nicht anzumerken. Nur ihre belegte Stimme gibt einen Hinweis auf die zahlreichen Wahlkampfreden und darauf, daß die Nacht ziemlich kurz war.

Die sächsische Spitzenkandidatin der AfD, die ihre Partei am Vorabend mit 9,7 Prozent erstmals in ein Landesparlament geführt hatte, gibt forsch wie immer den Ton an. „Ich bin hoch, hoch zufrieden“, sagt Petry, flankiert von den AfD-Spitzenkandidaten in Brandenburg und Thüringen, Alexander Gauland und Björn Höcke. Petry läßt keinen Zweifel daran, daß sie trotz des zeitweiligen Aufs und Abs in den Umfragen immer fest davon ausgegangen ist, mit ihrer Partei in den sächsischen Landtag einzuziehen. Dennoch hatte Petry noch kurz vor Schließung der Wahllokale in der Berliner Parteizentrale angerufen, um zu erfahren, ob schon etwas durchgesickert sei. Dort verwies man sie auf die sogenannten Exit-Polls, die Nachwahlbefragungen der Umfrageinstitute, die diese bereits nachmittags an ausgewählte Politiker und Journalisten weiterreichen. Die Zahlen sahen die AfD zwischen sieben und neun Prozent.

Als die Partei schließlich in den ersten Prognosen und Hochrechnungen sogar zweistellig war, wichen in Dresden und in der Berliner Parteizentrale die letzten Zweifel. „Die AfD ist endgültig in der Parteienlandschaft angekommen“, freute sich AfD-Sprecher Bernd Lucke, der unmittelbar nach den ersten Prognosen zum Wahlausgang ein gefragter Interviewpartner der Fernsehsender war.

Für die Parteispitze kommt der deutliche Erfolg in Sachsen gerade rechtzeitig. In den Tagen vor der Wahl hatten die Berichte über den Streit in der AfD über die Rußlandpolitik (JF 37/14) für Schlagzeilen und erhebliche Unruhe an der Basis gesorgt. Nachdem einige EU-Abgeordnete der AfD einer rußlandkritischen Resolution zugestimmt hatten, war ihnen von Teilen der Partei vorgeworfen worden, sie hätten gegen die Parteilinie verstoßen.

Wie brisant das Thema ist, wurde auch am Montag deutlich, als Gauland, der mit Lucke im Streit um die Abstimmung über die Rußland-Resolution aneinandergeraten war, von einem Journalisten gefragt wurde, warum er denn nicht mehr gemeinsam mit Lucke auftrete. Auch wenn der verdutzte Gauland mehrere gemeinsame aktuelle Wahlkampfauftritte mit dem AfD-Chef aufzählen konnte, zeigte diese Episode, welche Dynamik der Streit mittlerweile gewonnen hatte.

Die Partei hofft nun, daß der Erfolg in Sachsen und der seit Sonntag fest eingeplante Einzug der Partei in die Landtage von Thüringen und Brandenburg am 14. September zur Beruhigung der Lage beitragen wird. In der AfD wird zudem darauf verwiesen, daß sich die Situation in der Ukraine seit dem Parteitag in Erfurt, als sich die Partei gegen Sanktionen gegen Rußland ausgesprochen hatte, dramatisch verschärft hat. Das kaum noch verhohlene Eingreifen Putins in den Konflikt mache die mit Blick auf die damalige Krim-Krise beschlossene Resolution des Parteitages quasi hinfällig. „Putin löst das Problem für uns“, sagte AfD-Vize Hans-Olaf Henkel.

Mit Genugtuung war am Wahlabend in der AfD-Zentrale das knappe Scheitern der NPD zur Kenntnis genommen worden. Es entsprach exakt den Vorstellungen der Partei: Durch die geringen Verluste der NPD wird der Eindruck vermieden, die Wählerpotentiale beider Parteien überschnitten sich. Eine Argumentation, die Petry am Montag im Haus der Bundespressekonferenz aufgriff. Angesichts des knappen Scheiterns der NPD sei es lächerlich, von einer relevanten Wählerwanderschaft von der NPD zur AfD zu sprechen. Sie verwies darauf, daß ihre Partei laut entsprechenden Untersuchungen mit 17.000 Stimmen mehr Wähler von der Linkspartei abgeworben habe als von der NPD (16.000).

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