© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/14 / 05. September 2014

Frisch gepresst

Kempowski. Sieben Jahre nach seinem Tod ist vom „deutschen Chronisten“ ein 800seitiges Buch-ungetüm erschienen, das auch nie wankend gewordene Kempowski-Verehrer zu der Frage nötigt: „Was das nu wieder soll?“ In dem Band versammelt die Herausgeberin Simone Neteler in repräsentativer Auswahl Material aus 50jähriger, manischer „Befragungsarbeit“ zu unterschiedlichsten Themenkreisen. Gleichzeitig mit deren postumer Veröffentlichung beginnt das „Plankton-Projekt“ im Internet, das jedem Interessenten die Möglichkeit eröffnet, persönliche Antwort auf die von Kempowski formulierten Fragen zu geben. Durch einen Zufallsgenerator soll die gesamte Textmasse jeweils neu gemischt und im „Print on demand“-Verfahren zur individuellen Verfügung gestellt werden. So würden potentiell „unendlich viele Realisierungen“ von Kempowskis „Ur-Plankton“ entstehen. Wie kein anderer unter den vorwiegend skeptischen bis konsternierten Rezensenten hat Michael Rutschky (Literarische Welt) das Positive des Unternehmens darin gesehen, daß der Autor des „Echolot“, der sein Material dort im chronologisch geordneten Narrativ des Zweiten Weltkrieges aufbereitet, hier diesen Rahmen verlasse und den Erzählstoff in einem „Wimmelbild“ ausbreitet. (wm)

Walter Kempowski: Plankton. Ein kollektives Gedächtnis. Albrecht Knaus Verlag, München 2014, gebunden, 830 Seiten, Abbildungen, 49,99 Euro

 

Spanienkämpfer. Helmut Baumeister beschäftigt sich seit seiner Dissertation mit dem Spanischen Bürgerkrieg. Dabei hat er sich besonders dem tragischen Weg der etwa 4.000 in Gefangenschaft geratenen Kämpfer in den roten Internationalen Brigaden angenommen, von denen etliche nach Deutschland als Zwangsarbeiter verschleppt und häufig in Konzentrationslager gesperrt wurden. Auf diese Schicksale gestützt und dabei reichlich historische Muster, aber auch Klischees der NS-Zeit bedienend, agiert in seinem Roman der Deutschamerikaner David Rommel als Protagonist. Nach seinem letzten Einsatz ausgerechnet in die Gefangenschaft der deutschen Legion Condor geratend, landet er als Zwangsarbeiter in den Augsburger Messerschmitt-Werken. Viele Torturen durchleidend, endet der Krieg im KZ Flossenbürg in Bayern, wo er im letzten Augenblick von einem Todesmarsch fliehen kann. (kh)

Helmut Baumeister: Von Franco-Spanien bis nach Flossenbürg. Roman über ein Zwangsarbeiter-Schicksal. Gerhard-Hess-Verlag, Bad Schussenried 2014, broschiert, 277 Seiten 16,80 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen