© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/14 / 12. September 2014

Parochialer Altruismus: Rückwirkung von Bedrohung auf soziale Gruppen
In der Not keine Nähe zum Nächsten
(wk)

Immer wieder wird davon berichtet, daß die Menschen in Krisen- und Konfliktsituationen zusammenrücken und eine größere Hilfsbereitschaft gegenüber den Angehörigen der eigenen sozialen Gruppe entwickeln. Allerdings war dieser sogenannte parochiale (aus der Not geborene) Altruismus bisher noch nie Gegenstand einer größeren sozialwissenschaftlichen Studie gewesen. Diesem Defizit halfen nun Antonio Silva und Ruth Mace vom University College London ab, indem sie das Verhalten von 940 Menschen in 22 verschiedenen katholischen und protestantischen Stadtvierteln von Belfast unter die Lupe nahmen. Dabei gelangten sie zu einem ebenso eindeutigen wie überraschenden Ergebnis (Online-Ausgabe der Proceedings of the Royal Society: Biological Sciences, 8/2014). Zwar reagierten die Versuchspersonen insofern erwartungsgemäß, als tatsächlich jedwede Steigerung des Bedrohungsgefühls sofort zu einem Absinken der Hilfsbereitschaft gegenüber Mitgliedern der anderen sozialen Gruppe führte. Andererseits indes kam es aber zu keiner meßbaren Zunahme des altruistischen Handelns innerhalb der jeweiligen Populationen von Protestanten und Katholiken. Dies erlaubt zwei Schlußfolgerungen: Entweder reagieren die Iren einfach anders als andere Menschen oder die These vom parochialen Altruismus ist nun falsifiziert.

www.rspb.royalsocietypublishing.org

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