© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/14 / 12. September 2014

„Über allem lag ein Wahn der Zerstörung“
Kommunistische Partisanen richteten in Griechenland 1944 ein Massaker an / Gedenken wird behindert
Wolfgang Kaufmann

Am 6. September 1944 begann die Wehrmacht mit der Räumung der griechischen Halbinsel Peloponnes. Dem vorausgegangen war der Zusammenbruch der Front in der Südukraine und der Wechsel Bulgariens auf die Seite der Alliierten.

Während ihrer Absetzbewegung gab die Heeresgruppe E dabei unter anderem die Hafenstadt Kalamata auf, wonach die 3. Division der kommunistischen Griechischen Volksbefreiungsarmee (ELAS), welche unter dem Kommando von Athanasios Klaros alias Aris Velouchiotis stand, hier die Kontrolle zu übernehmen versuchte. Allerdings war in Kalamata eine ganze Anzahl von sogenannten Tagmatasfaliten stationiert. Diese „Sicherheitsbataillonisten“ hatten sich – wie 20 000 andere Griechen aus Angst vor einer kommunistischen Machtergreifung beziehungsweise wegen der ständigen Übergriffe der ELAS auf die Zivilbevölkerung auch – bereit gefunden, im Auftrag der griechischen Kollaborationsregierung von Ioannis Rallis und in Kooperation mit den deutschen Besatzungstruppen gegen die „Widerstandskämpfer“ vorzugehen.

Gefangene aufs grausamste gefoltert und verstümmelt

Deshalb versuchten sie nun, das Vorrücken des ELAS-Kontingents von Velouchiotis nach Kalamata zu verhindern, was ihnen aber letztlich mißlang. Allerdings konnten sich zahlreiche Tagmatasfaliten ins 25 Kilometer entfernte Meligalas absetzen, wo sie den erneuten Ansturm der ELAS-Kämpfer (genannt Andarten; griechisch für „Partisanen“) bis zum 14. September 1944 abwehrten, wobei etwa 200 der Angreifer fielen. Dann jedoch war ihr Schicksal besiegelt. Hierzu schrieb der später desertierte ELAS-Offizier und Augenzeuge Georgios Karamouzis: „Wütende Andarten und Tausende Angehörige der politischen Organisationen fielen in die Kleinstadt ein. Zwischen Trümmerhaufen und Rauchschwaden begann ein präzendenzloses Morden und Plündern. (...) Über allem lag ein Wahn der Zerstörung.“

Dabei traf es keineswegs nur die unterlegenen Angehörigen der Sicherheitsbataillone, sondern auch ganz normale Zivilisten, welche den Kommunisten oder deren Parteigängern irgendwie ein Dorn im Auge waren. So befanden sich unter den etwa dreißig Personen, welche am Tag nach dem Fall von Meligalas nach Kalamata verschleppt wurden, wo man sie auf offener Straße lynchte und hernach an Laternenpfähle hängte, der frühere messenische Abgeordnete Boutos sowie ein Staatsanwalt. Ebenfalls starben Priester, Lehrer, Ärzte und Grundbesitzer. Von der entmenschten Brutalität der Täter zeugt dabei der Umstand, daß sie ihre Gefangenen nicht nur gnadenlos niedergemetzelt, sondern zudem auch noch auf grausamste Weise gefoltert und verstümmelt haben.

Insgesamt wurden am 14. und 15. September 1944 mindestens 787 namentlich bekannte Menschen ermordet, darunter 18 Frauen und 18 Greise sowie einige Kinder: das jüngste war gerade einmal neun Jahre alt. Allerdings listet die Meligalas Victims Association 357 weitere Tote auf und hält darüber hinaus Schätzungen für plausibel, welche von bis zu 5.000 Opfern ausgehen.

Später versuchten die griechischen Kommunisten, das Massaker als Racheaktion der lokalen Bevölkerung hinzustellen, welche leider aus dem Ruder gelaufen sei. Das ist allerdings unglaubwürdig. Erstens war Velouchiotis persönlich vor Ort und stachelte die Täter auf. Und zweitens hatte die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) am 8. September 1944 in ihrem Blatt Morias unmißverständlich zum Lynchmord an Kollaborateuren und Konservativen aufgerufen: „Männer, Frauen, Kinder, greift zu Gewehren, Spitzhacken, Ästen, Sensen, Knüppeln (...) Alle auf Kriegsfuß! (...) Brecht wie ein reißender Strom über die Städte herein und säubert sie vom Bazillus des Verrats.“ Dieser extreme Fanatismus schreckte sogar die sowjetischen Militärberater ab, welche im Sommer 1944 im Hauptquartier der ELAS geweilt hatten und hinterher von einer „Bande von Bewaffneten“ sprachen, „die keine Hilfe verdient“.

Das freilich will die griechische Linke heute nicht mehr wahrhaben, weshalb sie alle Jahre wieder gegen die öffentliche Seelenmesse hetzt, die am ersten Sonntag nach dem 15. September am Mahnmal von Meligalas zelebriert wird.

Foto: Kommunistische ELAS-Partisanen, Volos 1944: „Bande von Bewaffneten, die keine Hilfe verdient“

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