© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/14 / 19. September 2014

Fast nur enttäuschte Gesichter
Brandenburg: Der Erfolg der AfD bei der Landtagswahl läßt die anderen Parteien ratlos zurück
Ekkehard Schultz

Als um 18 Uhr die ersten Prognosen zur Landtagswahl in Brandenburg veröffentlicht wurden, stand fest, daß die Alternative für Deutschland (AfD) noch besser abschneiden würde als zwei Wochen zuvor in Sachsen. Mit 12,2 Prozent der abgegebenen Stimmen wurden die Voraussage sogar noch übertroffen. Künftig wird sie mit elf Mandatsträgern im Potsdamer Stadtschloß vertreten sein.

Offensichtlich hatte das Ergebnis der Landtagswahl in Sachsen die junge Partei zusätzlich beflügelt. AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland sprach denn auch vom „glücklichsten Tag seines Lebens“, bevor er sich von der Wahlparty der AfD ins nahe Stadtschloß, dem Sitz des Landtages begab.

Für fast alle anderen Parteien war das Wahlergebnis vom vergangenen Sonntag eher eine Enttäuschung. Zwar wurde die regierende SPD mit 31,9 Prozent erneut die stärkste Kraft im Landtag. Sie verlor jedoch noch einmal 1,1 Prozent gegenüber dem schwachen Ergebnis von 2009, als sie im Vergleich zu 2004 Verluste von 7,4 Prozent hinnehmen mußte. Damit sind sowohl der Stolpe- als auch der Platzeck-Bonus endgültig verbraucht. Dennoch hat der alte und aller Wahrscheinlichkeit auch neue Ministerpräsident Dietmar Woidke noch einmal die Möglichkeit der freien Wahl und kann sich für eine Fortsetzung der rot-roten oder für eine rot-schwarze Koalition entscheiden.

Deutlich verloren hat dagegen der Koalitionspartner der SPD, die Linkspartei. Mit einem Ergebnis von 18,6 Prozent (minus 8,6 Prozent gegenüber 2009) kamen der Linken am Wahltag insbesondere die Protestwähler abhanden, die sie 2009 als bis dahin stärkste Oppositionskraft gewinnen konnte. Wie in Sachsen erscheint auch in Brandenburg das Potential der Partei ausgereizt, ihr geben überwiegend die über 50jährigen und Rentner die Stimme.

Ein scheinbarer Gewinner der Wahl in Brandenburg ist die CDU, die mit 23,0 Prozent nunmehr wieder zur zweitstärksten Kraft wurde. Dennoch konnte die Union trotz guter Umfragewerte aus dem Sommer die Lücke zur SPD nicht schließen. Offenkundig trauten ihr viele Wähler weder einen ernsthaften Politikwechsel zu, noch wünschten sie sich eine Koalition mit der SPD als Juniorpartner. Um sich diese Option dennoch offenzuhalten, hatte die CDU im Wahlkampf sehr zurückhaltend agiert und vielfach allein auf den Kanzlerinnenbonus gesetzt. Dies reichte freilich nicht aus, insbesondere nicht für wertkonservative Wähler. So verlor die CDU schließlich auch rund 19.000 Wähler an die AfD.

Erneut im Brandenburger Landtag vertreten sind die Grünen mit 6,2 Prozent. Sie konnten vor allem bei Zuzüglern aus der Hauptstadt punkten, die sich in den vergangenen Jahren vermehrt im unmittelbaren Berliner Umland angesiedelt haben. Zudem zahlte sich unter den lokalen Verhältnissen aus, daß die Partei auf das Thema der erneuerbaren Energien setzte, während sich die Landesregierung – und damit auch die Linkspartei – weiterhin für den Braunkohlenabbau engagierte.

Todesstoß für die FDP

Auch die Freien Wähler werden mit Abgeordneten im neuen Landtag vertreten sein. Sie erhielten landesweit zwar nur 2,7 Prozent, konnten sich überraschenderweise jedoch mit 27 Prozent das Direktmandat im Wahlkreis Teltow-Fläming III sichern. Dabei hatte der erfolgreiche Christoph Schulze vor allem mit dem Widerstand gegen Nachtflüge am künftigen Großstadtflughafen Berlin-Brandenburg auf sich aufmerksam gemacht. Da durch den Gewinn des Direktmandats die Fünfprozenthürde aufgehoben wird, können neben dem ehemaligen SPD-Mitglied Schulze die Freien Wähler künftig zwei weitere Sitze im Landtag einnehmen. Einem Direktmandat verdankt auch die frühere CDU-Fraktionsvorsitzende Saskia Ludwig ihren Wiedereinzug in das Parlament. Die konservative Politikerin setzte sich knapp gegen den SPD-Kandidaten durch.

Dagegen ist die FDP nach der Wahl endgültig auf dem Weg zur Splitterpartei. Letztlich stellten die 1,5 Prozent der Wählerstimmen beziehungsweise der Verlust von 5,7 Prozent nur das zwangsläufige Resultat eines Wahlkampfes dar, der keine Inhalte, sondern nur noch Klamauk zu bieten hatte. Unter den ohnehin schwierigen Umständen für die Partei war es nach Ansicht von Beobachtern fahrlässig, mit Slogans wie „Keine Sau braucht die FDP“ werben zu wollen.

Am Ende schnitt sogar die NPD mit 2,3 Prozent deutlich besser als die Liberalen ab; obwohl für sie die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen Priorität genossen hatten. Begünstigend wirkte sich dabei allerdings auch der Umstand aus, daß mit gerade einmal 49 Prozent (minus 18 Prozent gegenüber 2009) nur eine Minderheit der wahlberechtigten Brandenburger überhaupt den Weg zu den Urnen antrat.

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