© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/14 / 19. September 2014

Ausgezehrte Ökonomie
Weikersheim: Tagung zum Wirtschaftsstandort D
Christian Schwiesselmann

Der Wirtschaftsstandort Deutschland verliert rasant an Substanz. Das ist der erschreckende Befund des Studienzentrums Weikersheim (SZW), das auf seiner 37. Jahrestagung sondierte, wodurch unser Wohlstand schwindet und wie der Erosionsprozeß zu stoppen wäre.

Die FPÖ-Politikerin Barbara Rosenkranz beschrieb den demographischen Niedergang als innere Auszehrung einer Wirtschaftsordnung, die auch eine gezielte Familienförderung nur zeitverzögert aufhalten könne. Der Staatsrechtler und Euro-Kritiker Karl Albrecht Schachtschneider ergänzte, wie der europäische Binnenmarkt die deutsche Wirtschaftsverfassung, vor allem ihre Sittlichkeits- und Sozialpflicht, von außen unterhöhlt. Nur eine Rückkehr zum souveränen republikanisch verfaßten Nationalstaat könne die zerrütteten Volkswirtschaften Europas retten.

Debatte über konservative Ökologie

SZW-Präsident Harald Seubert bemühte sich, das Verhältnis von Politik und Ökonomie zwischen der Skylla des Blasenkapitalismus und der Charybdis eines neuen Staatsinterventionismus auszutarieren. Verantwortliches Wirtschaften lasse sich nicht staatlich erzwingen, bezog sich der Philosoph einerseits auf die makroökonomischen Einsichten der Österreichischen Schule und andererseits auf die Katholische Soziallehre und ihren Subsidiaritätsgrundsatz. Politik sei nicht die Regulierungsinstanz durch Globalsteuerung, urteilte Seubert mit dem Systemtheoretiker Niklas Luhmann. Stattdessen müsse die „Natur der Sache“ und das „Ethos des Bankiers“ wieder leitend sein.

Der Zukunftsforscher Meinhard Miegel sah das ökomische Paradigma des „Höher, schneller, weiter“ im globalen Maßstab erschöpft. Zwischen weiterem Wachstumsanstieg und der Überschreitung der Tragfähigkeit des Planeten bestehe eine kaum lösbare Paradoxie. An seinen Thesen entfachte sich eine Debatte über eine konservative Ökologie, die neben der Bewahrung der Natur die Kultur und Architektur einschließen müsse. Die Zukunft der deutschen Wirtschaft – das ergab das vom Soziologen Jost Bauch moderierte Podium – hängt ganz davon ab, ob es gelingt, die Selbstzerstörungskräfte der Moderne einzuhegen. Der Ökonom Bertram Schefold bestätigte diese Diagnose, indem er die Folgen von Wirtschaftskrisen für verschiedene geschichtliche Integrationsmodelle Europas wie das Karolingerreich skizzierte.

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