© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/14 / 03. Oktober 2014

Knapp daneben
Hermine Grangers sanfter Feminismus
Karl Heinzen

Was Emma Watson dazu prädestinierte, von den Vereinten Nationen als Botschafterin für Frauenrechte auserkoren zu werden, liegt auf der Hand. In der Verfilmung des „Harry Potter“-Epos durfte sie das Quotenmädchen unter den Hauptfiguren mimen. Die von ihr verkörperte Hermine Granger ist zwar eine Zicke mit langem Haar. Ansonsten bricht sie aber aus der tradierten Geschlechterrolle aus. Wo die Jungen und Männer heroisch raunen und sich blindlings einem unverstandenen Schicksal entgegenstemmen, behält sie kühlen Kopf und analysiert sachlich die verzwickte Lage, um die dann getroffene Entscheidung entschlossen in die Tat umzusetzen. Mit ihrem Wissensdurst und ihrem Scharfsinn können die eher tumben Jungen nicht mithalten.

Watsons Kampagne „HeForShe“ ist ein antiquierter Appell an die Männer, sich für Frauenrechte einzusetzen.

Emma Watson nutzt ihr Ehrenamt, um unerschrocken in die Weltpolitik einzugreifen. Als der türkische Politiker Bülent Arinç die Frauen belehrte, sie sollten in der Öffentlichkeit nicht lachen, twitterte sie ein Foto, das sie ausgelassen und heiter zeigte. Die Bürger des Macho-Staates Uruguay konfrontierte sie mit der Forderung, eine Frauenquote für das Parlament einzuführen. Ihr dritter Paukenschlag folgte nun mit einer Rede am Sitz der UN. Im züchtigen Busineßdreß, so als wäre Hermine Granger zum Bewerbungsgespräch bei einer Investmentbank erschienen, warb sie für einen sanften Feminismus, der nicht nur den Frauen diene, sondern zugleich den Männern die Chance böte, sich von einengenden Rollenklischees zu befreien. Auch hier dürfte ihr Harry Potter vor Augen gestanden haben, ist doch die Titelfigur ein sensibler Antiheld, der seine Stärke nur daraus bezieht, daß das Böse einen Teil seiner Kraft an ihn übertragen hat.

Watsons Kampagne „HeForShe“ ist ein rührender, aber auch antiquierter und gefährlicher Appell an die Männer, sich für Frauenrechte einzusetzen. Eine Botschaft an all die Menschen, die ihr Geschlecht nicht in diesem starren Schema verorten können, hat sie nicht. Eine solche gibt der in diesem Punkt trotz aller Zauberei phantasielose Romanstoff, der ihr die Jugend raubte und ihr Denken prägte, auch nicht her.

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