© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/14 / 10. Oktober 2014

Gesellschaftliche Zäsur um 1980: Konservative Wegbereiter der Marktmacht
Abschied vom Gemeinschaftsleben
(rs)

Den tiefsten Einschnitt in die sozialen Beziehungen und den heftigsten Wertewandel der bundesdeutschen Gesellschaft datiert der Tübinger Zeithistoriker Anselm Doering-Manteuffel ziemlich exakt auf das Ende der 1970er Jahre, obwohl zu dieser Zeit die Weltchronik, abgesehen von der einsetzenden Debatte über die „Nato-Nachrüstung“, keine herausragende Zäsur vermerkt. Die sich daher unmerklich vollziehende Umwälzung ergibt sich für Doering-Manteuffel als Resultat des abgeschlossenen „Wiederaufbaus“ in der Bonner Republik. Der nationale Rahmen der homogenen Wiederaufbaugesellschaft mit seiner Konsenskultur habe im Jahrzehnt nach 1970 an Bedeutung verloren. Folglich wandelte sich die Politik vom Primat des sozialen Konsenses zum Primat des Subjektivismus (Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 3/2014). Es seien dann die sogenannten „konservativen“ Regierungen in Bonn, London und Washington gewesen, die in den achtziger Jahren das Leitbild der Familie, des Generationenzusammenhangs sowie der sozial und national eingebundenen Lebensweise zuerst verabschiedet hätten. Vorrang hat seitdem das Individuum vor der Gemeinschaft, der Markt vor dem Staat. Zugleich hätten sich die „Volksparteien“ Europas der „neoliberalen“ Ideologie unterworfen und so die traditionell liberalen Parteien ruiniert.

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