© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/14 / 10. Oktober 2014

Frisch gepresst

Rußland. Für die einen ist Putin das Böse schlechthin. Für andere der Retter des Abendlandes. Für Zwischentöne ist da wenig Platz. Gerade diese haben es dem Autor Thomas Fasbender, der seit 1992 in Moskau lebt, angetan. Kenntnisreich sucht er die Seele Rußlands. Er findet sie in der Banja und beim Picknick unter rotem Birkenlaub. Ist der Nichtrusse dann entsetzt über die Russin Daria Radionova, die in London ihren Mercedes mit einer Million Swarovski-Kristallen aufhübschte, hat der Autor die passende Erklärung parat: In Rußland dient der Besitz dazu, der „Herde den Rang zu beweisen, Duftmarken zu hinterlassen wie kleine Hunde“. Die große Politik, Herrscher und Schranzen, alles wird unterhaltsam präsentiert. Und Putin? Fasbender bringt die Sache auf den Punkt: „Als der durchtrainierte ehemalige KGB-Oberstleutnant mit dem Schnepfengesicht erstmals vor seine künftigen Untertanen trat, glaubte niemand, daß eine neue Ära beginnen würde.“ Nach eineinhalb Jahrzehnten Putin-Herrschaft ist es angerichtet: „Die Fassade hält“, die TV-Journalisten sind „gut versorgt“, die Unternehmer „machen Gewinne“ und das „Volk wurschtelt sich durch“. Doch, so Fasbender, „ist das im Westen soviel anders?“ (ctw)

Thomas Fasbender: Freiheit statt Demokratie – Rußlands Weg und die Illusionen des Westens. Manuscriptum, Waltrop und Leipzig 2014, gebunden, 368 Seiten, 19,80 Euro

 

China. In seinem Werk „Chinas konservative Revolution“ beschreibt Peter Kuntze den Wandel des Reichs der Mitte von der Kulturrevolution bis in die Gegenwart. Ausgehend von Deng Xiaopings vier Modernisierungen habe das Land einen wirtschaftlichen Aufstieg erlebt, der, wie Kuntze behauptet, schon von Napoleon prognostiziert wurde. Der Autor gesteht, daß er einst selbst in dem Terror der kommunistischen Kulturrevolution den „Lichtschein einer ‘konkreten Utopie’ erkennen“ wollte. Heute würden die Chinesen, die er als das „konservativste Kulturvolk der Welt“ beschreibt, sich anschicken, das vom Marxismus hinterlassene Vakuum mit konfuzianischem Denken zu füllen. Mit Chinas Aufstieg zur Weltmacht seit Maos Tod 1976 zeichne sich eine zunehmende Konfrontation mit den USA ab, die Kuntze als imperialer Weltmissionar bezeichnet. Die gegenwärtigen Schattenseiten des nach wie vor kommunistischen Regimes bleiben hingegen unerwähnt. (ro)

Peter Kuntze: Chinas konservative Revolution oder Die Neuordnung der Welt. Kaplaken, Bd. 42. Verlag Antaios, Schnellroda 2014, gebunden, 80 Seiten, 8 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen