© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/14 / 24. Oktober 2014

Alexander Tassis ist Vorsitzender der neuen Gruppierung „Homosexuelle in der AfD“
Blau-Rot statt bunt
Alexander Bagus

Die Lifestyle-Zeitschrift Vice kann es kaum fassen: „Wir dachten zuerst, es sei Satire, aber es gibt sie wirklich: die Bundes-interessengemeinschaft (BIG) ‘Homosexuelle in der AfD’.“ Deren Sprecher Alexander Tassis kontert im Interview mit dem verblüfften Magazin: „Homosexualität ist der Lebensstil einer kleinen Minderheit (...) Das Gemeinsame ist das deutsche Volk. Der deutsche Nationalstaat stellt auch für uns (Homosexuelle) einen hohen Wert dar.“

Tassis betont gern die Distanz zur klassischen „Homo-Lobby“. Die BIG stelle sich auch gegen Gender-Mainstreaming, Inzest und Pädophilie und auch der „rosa Karneval“ liege ihr fern. Die Szene reagiert indigniert: „Von den Lobbyverbänden werden wir ignoriert, Medien berichten negativ bis diffamierend“, so Tassis gegenüber der JUNGEN FREIHEIT.

Geboren 1970 in Athen, aufgewachsen in Bremen, ist der Sohn eines griechischen Gastarbeiters und einer Deutschen kein Politneuling. Fast zwanzig Jahre war der ehemalige Jugendpfleger und jetzige Doktorand der Geschichte in der CDU seiner Heimatstadt aktiv, zeitweise als Stadtbezirksverbandsvorsitzender. 2012 verließ der „Nationalkonservative“ (Tassis über Tassis) die CDU wegen der Ausländerpolitik, so sei die Partei etwa blind gegenüber Islamisten.

Statt dessen engagierte er sich in der Wahlalternative 2013 und gehörte zu den Mitgründern der AfD in Bremen, deren Vize-Landesvorsitzender er seitdem ist. Anfang Oktober rief er nun mit Gleichgesinnten die BIG ins Leben, der er als einer von zwei Sprechern vorsteht. Noch habe der Verband erst zwanzig Mitglieder, „doch wir wachsen täglich, und das, obwohl wir mit unserer Internetpräsenz noch nicht online sind“, so Tassis zur JF.

Wohlwollend habe die AfD-Spitze auf die BIG reagiert: „‘Entzücken’ von Herrn Lucke, Daumen hoch von Frau von Storch und Grußworte von Herrn Henkel.“ Negative Reaktionen aus der Partei seien dagegen selten und „die, die es gab, gab es vor allem, weil man fürchtete, wir würden die zehnte linksgrüne Lobby werden“. Tassis beschreibt den eigenen Anspruch so: „Wir sind der erste bürgerlich-konservative Homosexuellenverband ohne Lobbycharakter, sondern mit Verpflichtung gegenüber den Gesamtinteressen Deutschlands.“ Überhaupt, nach seiner Erfahrung seien Homosexuelle in der CDU weniger wohlgelitten als in der AfD.

Ob dies so bleiben wird, ist allerdings die Frage. Denn die BIG tritt für ein Elternrecht gleichgeschlechtlicher Paare ein. Auf den Ehe-Begriff für Homosexuelle will Tassis dagegen verzichten. Es brauche für die eingetragene Lebenspartnerschaft einen eigenen, phantasievolleren Begriff.

Sollte die AfD 2015 in Bremen die mitteldeutschen Wahlergebnisse wiederholen können, hat Tassis gute Chancen, in die Bürgerschaft einzuziehen. Das ist aber noch ein weiter Weg, denn in der letzten Umfrage vom Juni lag sie dort erst bei drei Prozent.

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