© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/14 / 24. Oktober 2014

Wie einst Franz Josef Strauß
CSU: Die Basisbewegung „Konservativer Aufbruch“ trifft sich erstmals öffentlich und begibt sich auf die Spuren des legendären Partei-Übervaters
Hinrich Rohbohm

Der Ort könnte symbolträchtiger kaum sein. Der neugegründete Konservative Aufbruch (KA) in der CSU hat nach Rott am Inn geladen, Wohnsitz der Familie von Franz Josef Strauß. Hier, im Landgasthof Stechl hat auch der legendäre CSU-Vorsitzende so manches Mal mit politischen Freunden beim Bier zusammengesessen. Einen Steinwurf entfernt, beim Kloster Rott, befindet sich die Grabstätte des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten.

Kaum ein Ort könnte geeigneter sein für eine Auftaktveranstaltung einer konservativen Basisbewegung. Doch diese Form der Symbolik hat CSU-intern Kritiker auf den Plan gerufen. Strauß-Tochter Monika Hohlmeier zeigte sich wenig entzückt über die Wahl des Veranstaltungsorts. Die Europaabgeordnete wirft den KA-Initiatoren vor, den Namen ihres Vaters für eine Showveranstaltung zu mißbrauchen. „Aber das ist gar nicht unsere Absicht“, sagt David Bendels, zweiter Sprecher der KA und pikanterweise ehemaliger persönlicher Referent von Hohlmeier. Der Initiative gehe es um Inhalte. Die CSU müsse sich wieder stärker um die konservativen Werte in der Partei kümmern, dürfe nicht „in das linke Fahrwasser der CDU“ geraten, um nicht Gefahr zu laufen, Wähler an die AfD zu verlieren. Hierüber müsse innerhalb der Christsozialen debattiert werden.

Als Redner hatte die KA das CSU-Landesvorstandsmitglied Thomas Goppel gewonnen. Der Sohn des langjährigen Ministerpräsidenten Alfons Goppel und ehemalige CSU-Generalsekretär gehört seit 1974 ununterbrochen dem Bayerischen Landtag an.

Parteiführung setzt Thomas Goppel unter Druck

Strauß hatte ihn einst zum Staatssekretär befördert. Die Anekdote darüber gibt er vor den in Rott am Inn versammelten rund 40 konservativen CSU-Rebellen zum besten. „Als mich der Franz Josef fragte, ob ich das machen will, hatte ich gesagt, ich müßte da erst mal einen Moment drüber nachdenken.“ „Ja, gut“, habe Strauß geantwortet. „Der Moment ist vorbei.“ Gelächter im Saal. Dabei sei der Gang zur KA für ihn keineswegs lustig gewesen, macht Goppel klar. „Die haben mit mir geschimpft, daß ich hierhergehe.“ Mit „die“ ist die CSU-Führung gemeint, die die Initiative argwöhnisch beäugt. Und so will unter den KA-Sympathisanten auch niemand an einen Zufall glauben, als im benachbarten Rosenheim eine Parallelveranstaltung mit der bayerischen Gesundheitministerin Melanie Huml (CSU) angesetzt wird. „Uns geht es aber um die Sache, wir sind keine Anti-Seehofer-Bewegung, auch wenn dies in den Medien oft so dargestellt wird“, verdeutlicht Bendels.

Warum er trotz des Drucks aus dem Parteivorstand gekommen sei macht Goppel den Zuhörern deutlich. „Niemanden ausgrenzen ist von jeher das Konzept der CSU.“ Miteinander reden und einander zuzuhören sei stets die bessere Alternative. Und zu hören bekam er eine Menge. So fordern die Initiatoren um ihren ersten Sprecher Lars Bergen, die Energiewende zu überdenken, äußern Kritik an der Euro-Rettungspolitik, fordern die kalte Progression abzuschaffen, sprechen sich gegen das Adoptionsrecht für Homosexuelle und Gender Mainstreaming aus, das sie als „ideologischen und wissenschaftlichen Schwachsinn“ bezeichnen. Die Familie müsse wieder stärker als Lebensmodell vermittelt werden. Auch die Inklusion an den Schulen sieht der KA kritisch, fordert zudem eine Rückkehr zur neunjährigen Gymnasialzeit (G9). Die Hochschulen dürften zudem nicht zu reinen Lernfabriken verkommen, das Humboldtsche Bildungsideal werde zusehends vom Auswendiglernen verdrängt.

„Treiben Sie unsere Sache voran“

Auch zur Asylpolitik bezieht die Initiative Stellung. Wenn die Politik zu feige sei, abgelehnte Asylbewerber zurückzuschicken und geltendes Recht umzusetzen, dann laufe etwas falsch in Deutschland. Gegen islamische Extremisten müsse der Staat entschlossener vorgehen. Wer zu Gewalt und Völkermord aufrufe, der gehöre aus Deutschland rausgeschmissen. Wenn die rechtlichen Möglichkeiten dazu nicht da seien, müßten diese geschaffen werden.

„80 Prozent ihrer Forderungen stehen in unserem Parteiprogramm“, entgegnet Thomas Goppel. Zustimmung bei allen Anwesenden. Aber: „Es wird doch kaum noch danach gehandelt. Es wird einfach zuwenig davon umgesetzt“, moniert eine CSU-Ortsvorsitzende. „Wir müssen spüren, daß unsere Führung für unsere Positionen kämpft.“ Ein weiterer Ortsvorsitzender fühlt sich vom Landesvorstand im Stich gelassen. „Ich glaube die wollen gar nicht mit uns diskutieren.“ Die CSU-Führung würde mehr auf die Kommentare in der Süddeutschen Zeitung hören als auf ihre Basis. Auch ein simples Eindreschen auf die AfD halten zahlreiche Besucher für nicht zielführend. „Wir müssen mit denen reden wie mit jeder anderen Partei auch“, meint einer. Ein älteres CSU-Mitglied spricht den KA-Initiatoren Mut zu. „Treiben Sie unsere konservative Sache voran und treten Sie unserer Führung auf die Füße.“ Nach Aussage der Initiatoren sollen demnächst weitere Veranstaltungen der KA in weiteren CSU-Bezirksverbänden folgen.

www.konservativer-aufbruch.de

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