© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/14 / 24. Oktober 2014

Stewardessen mit Gummihandschuhen sind nicht gern gesehen
Ebola: Wie Fluggesellschaften mit der Angst vor dem tödlichen Virus umgehen und wie andere Länder sich vor der Einreise von In­ zierten schützen
Ronald Gläser

Der Liberianer Patrick Sawyer stolperte im Juli benommen aus dem Flugzeug, das ihn nach Lagos/Nigeria gebracht hatte. Der 40jährige starb fünf Tage später an Ebola. Und es sah einen Moment lang so aus, als würde sich das Virus in diesem bevölkerungsreichsten Land Afrikas ausbreiten. Ein Horrorszenario. Das Land untersagte daraufhin den Flugverkehr mit der Ebola-Region in Westafrika.

Flughäfen sind die Hotspots jeder Epidemie. Wenn die Gefahr einer blitzartigen Ausbreitung besteht – dann durch den internationalen Flugverkehr. Vor diesem Hintergrund wirken Fluggesellschaften und Behörden teilweise ziemlich gelassen, vor allem in Deutschland. Aber es gibt Unmut, zum Beispiel beim Personal.

Lufthansa-Sprecher Helmut Tolksdorf versichert gegenüber der JUNGEN FREIHEIT, daß seine Linie Ängste von Passagieren und Flugbegleitern „sehr ernst nimmt“ – und das obwohl sie nur nach Nigeria fliegt, das seit dieser Woche laut WHO als ebolafrei gilt. Zudem verläßt sich sein Unternehmen darauf, daß das Virus nicht über die Luft übertragbar sei: „Es gilt als sehr unwahrscheinlich, daß es zu einem Verdachtsfall an Bord kommt.“

Tolksdorf verweist auf eine Angstklausel im Arbeitsvertrag. Wer ein Trauma glaubhaft macht, der muß bestimmte Ziele nicht ansteuern. Wer sich etwa vor Radioaktivität fürchtet, muß wegen Fukushima nicht nach Tokio. Das werde auch in Ebola-Gebieten so gehandhabt.

Andere Länder stellen Verbindungen ein

Auch Personalvertretungchef Alexander Behrens (Kabinenpersonal-Gewerkschaft Ufo) verweist gegenüber der JF auf die Möglichkeit, Flugziele auszuschließen. Wie viele Stewardessen, davon Gebrauch machen, kann jedoch keiner bei Lufthansa sagen. Zu den Vorsichtsmaßnahmen gehören ferner sogenannte Hygienekits an Bord und Desinfektionsmittel. Plastikhandschuhe seien hingegen nicht so gerne gesehen, verrät ein weiterer Arbeitnehmervertreter: Dies sähe unästhetisch aus. Er mutmaßt weiter, die Flugverbindungen nach Afrika seien sehr lukrativ. Deswegen würden die Airlines sie solange aufrechterhalten, wie es geht.

Die Deutschen haben bislang überhaupt keine Flüge eingestellt und auch keine Sicherheitsmaßnahmen bei der Einreise getroffen. Ganz anders Briten und Franzosen, deren Fluglinien auch die Zentren der Epidemie angeflogen haben. British Airways etwa hat bereits im August alle Direktverbindungen nach Heathrow storniert und Kontrollen bei der Einreise eingeführt. Solche Einreisekontrollen gibt es beispielsweise auch in Frankreich, den USA und der Tschechei.

Im Idealfall steigt der Passagier aber gar nicht erst ein, weil bereits am Abflugort ein Sicherheitsmitarbeiter am Eingang zum Flughafen mit einer Wärmekamera jeden scannt, bevor er das Gebäude betritt. Allerdings gibt Alexander Behrens hier zu bedenken: „Wenn Sie in Lagos jemandem 20 Dollar in die Hand drücken, kommen Sie überall hinein.“

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