© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/14 / 24. Oktober 2014

Dorn im Auge
Christian Dorn

Allahu akbar!“ Doch wer hat den größeren? Der halblaute, eher als Provokation gedachte Ausruf des Marokkaners neben mir, am Samstagabend im vollbesetzten Wagen der U-Bahnlinie U2, verhallt ohne Reaktion. Daraufhin klatscht sich der Kulturbereicherer mit dem Glaubensbruder ab, der mit seiner Kopftuchbraut gerade den Wagen betreten hat und der direkt vor mir steht. Die „Schwester“ unter ihrem Hidschab schaut mich scheu an, eigentlich ist sie schön – aber das hilft nun wirklich nicht weiter.

Das Szenario – gewissermaßen ein urbanes „umma“ cum laude – wird ergänzt durch die feige deutsche Zivilgesellschaft, die unbeteiligt zuschaut, oder genauer: wegschaut: Sowohl zu Beginn, als der Marokkaner sich mit Gewalt in einer kleinen Lücke Platz verschafft, woraufhin das Mädchen neben mir flüchtet, als auch im Anschluß, da der Marokkaner mich permanent zu provozieren sucht, indem er wiederholt in meine Seite stößt, spielerisch in meine Richtung boxt, mich anspuckt, mehrfach seinen Oberkörper blankzieht und in Wortfetzen kundtut, daß die deutsche Polizei gegen mich vorgehen werde, nicht gegen ihn.

Mein Anruf bei der Polizei erweist sich denn auch als sinnlos: Man könne nur der BVG Bescheid sagen. Am Rosa-Luxemburg-Platz schließlich verläßt der ebenso halbstarke wie gestörte Moslem den Wagen. Kurz frage ich mich, was der dort wohl sucht: das ins Pflaster eingelassene Zitat: „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden“? Doch denkste! Inzwischen ist es wohl eine Frage des Glaubens. Dieser ist ganz profan: daß bereits jedes unbedachte Wort der Abwehr gegen den Zudringling als Straftatbestand gilt, weil es unversehens als fremdenfeindlicher oder „islamophober“ Rassismus gewertet wird.

Das Taxi ist kaum eine Alternative. In Frankfurt am Main sind offenbar alle Taxifahrer keine Autochthonen: Der eine kann das Geld nicht wechseln und gibt mir weniger heraus, der zweite kann das Navigationsgerät nicht bedienen und verfährt sich, der dritte muß unterwegs anhalten und Wasser nachfüllen, der vierte muß mehrere Minuten den Kofferraum durchwühlen, um den Quittungsblock zu finden. Mein Gastgeber ist ob meiner Beobachtung entrüstet: „Du bist also immer noch so rassistisch!“ Ich solle froh sein, daß die Ausländer diese Drecksarbeit machten, die kein Deutscher mehr verrichten wolle. Endlich gäbe es auch da den Mindestlohn. Andererseits, ich sei ja selber schuld: „Warum hast du nicht Uber genommen? Den nehme ich auch immer.“

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