© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/14 / 24. Oktober 2014

Nachruf auf einen Medienintellektuellen: Prototyp Frank Schirrmacher
Wenn jeder mit jedem kann
(sn)

Eine „Schlüsselfigur der Zunft“ und der „Prototyp des neuen Medienintellektuellen“ sei Frank Schirrmacher gewesen. Diese jenseits politischer Gegensätze liegende Charakteristik des im Juni 2014 plötzlich verstorbenen FAZ-Mitherausgebers macht dem linksliberalen Publizisten Albrecht von Lucke wenig Mühe (Blätter für deutsche und internationale Politik, 8/14). Er konzediert in seinem ersten Versuch einer historischen Einordnung auch locker, daß man mit Jürgen Habermas Schirrmacher „intellektuelles Format“ nicht absprechen könne, und daß es sein „erheblicher Spürsinn für das Relevante“ gewesen sei, der im Feuilleton für einen Paradigmenwechsel von den Geistes- zu den Naturwissenschaften sorgte. Aber neben dieser glänzenden journalistischen entdeckt von Lucke auch eine Schattenseite des Mannes, der das FAZ-Feuilleton zur „politischen Agora der Berliner Republik“ umbaute. Stehe er doch nicht nur für den „Traditionsbruch“ im bildungsbürgerlichen Feuilleton, sondern ebenso für die Sensationsmache im Bild-Zeitungsstil, für den „Jargon der Apokalypse“ und das „Überdrehen jeder Tonlage“. Die klaren politischen Unterschiede in den Medien seien dadurch aufgelöst worden, so daß an der Spitze der Pressekonzerne „heute jeder mit jedem kann“ und Aufmerksamkeit allemal wichtiger geworden sei als die Inhalte der inszenierten Debatten.

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