© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/14 / 31. Oktober 2014

Aufgeschnappt
Reformations-Prosit
Matthias Bäkermann

Die Stimme von oben mahnte: „... und zum Schluß sagt man Amen und nicht Prost.“ Was Otto Waalkes vor vielen Jahren mit der göttlichen Manöverkritik einer verunglückten Predigt seines „Ostfriesenapostels Heiliger Hein“ verballhornte, hat Mitte Oktober in Braunschweig den Weg in die reale Welt der Evangelisch-Lutherischen Kirche gefunden. Denn in der Gaststätte „Zu den vier Linden“ ging der erste „Kneipengottesdienst“ in der Löwenstadt über die Bühne. Die Idee dazu hatte Pastor Harald Welge, Gemeindepfarrer im Braunschweiger Stadtteil Timmerlahs, der seit Jahren gern dort Andacht hält, „wo Menschen wohnen und leben“, wie die Braunschweiger Zeitung vergangene Woche lobt. Vor allem, wenn der Szenewirt der urigen Eckkneipe früher selbst Theologie studiert hat. Heute bekennt der Altlinke „Elvis“ Haberkamm aber stolz, daß er „überzeugter Atheist“ ist – und ein großzügiger Gastgeber.

Dem Gottesdienst in seiner „Linde“ durfte nun Landesbischof Christoph Meyns höchstselbst beiwohnen, der in seiner Predigt zum Thema Martin Luther prompt mit einem Glas Bier anstieß. Derweil sorgte der Kneipenpianist mit Udo Jürgens Schlager „Der Teufel hat den Schnaps gemacht“ für die passende religiöse Aura.

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