© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/14 / 31. Oktober 2014

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Manche Woche hat es schwer in sich. Samstag: Richard Wagners „Tristan und Isolde“ in der Staatsoper – Sonntag: Tschaikowskis Violinkonzert D-Dur op. 35 in der Philharmonie – Mittwoch: Cecilia Bartoli im Konzerthaus am Gendarmenmarkt – Sonntag: Premiere des Musicals „Mamma Mia!“ im Theater des Westens. Ach ja, das Leben kann so schön sein. Ich erinnere einen Pablo Picasso zugeschriebenen Aphorismus: „Kunst wäscht den Staub des Alltag von der Seele.“ Wie wahr!

In der Einladung zur Gala-Premiere von „Mamma Mia!“ steht „Dresscode: Cocktail“. Ich bin ratlos. Was heißt das jetzt? Fragen der Stilkunde gehören nicht zu meinem täglich’ Brot. Außerdem: Künstlerschwarz geht immer. Trotzdem ziehe ich vorsichtshalber Erkundigungen ein. Der Ratschlag eines vorwitzigen Kollegen, er sehe mich schon in einem Cocktailkleid, hilft allerdings nicht weiter. Fündig werde ich schließlich im Internet: Die Männer tragen einen dunklen Anzug, vorzugsweise mit Krawatte, dazu schwarze Lederschuhe. Nun ja, derartige Erkundigungen scheinen nicht alle Premierenbesucher eingeholt zu haben, vor allem einige männliche nicht. Kombinationen aus Lederjacke, Jeans und Turnschuhe sind gleich mehrfach zu sehen, ein jüngerer Kerl (Hipster?) trägt ein rot kariertes Holzfällerhemd mit einer viel zu kurz gebundenen grauen Wollkrawatte, ein anderer führt seine Basecap spazieren. Gut, Udo Walz ist hier jetzt auch eher in schluffiger Freizeitkleidung unterwegs.

Tristan (Peter Seiffert) und Isolde (Waltraud Meier) lieben und sterben an diesem Tag besonders ausdauernd. Mich übermannt gleich zweimal ein Sekundenschlaf. Dafür bin ich in der 2. Szene des 2. Aktes fast zu Tränen gerührt (O sink hernieder, / Nacht der Liebe, / gib Vergessen, / daß ich lebe; / nimm mich auf / in deinen Schoß, / löse von/ der Welt mich los!), ebenso in der Schlußszene bei Isoldes Liebestod.

Von Cecilia Bartoli in den höchsten Tönen zu schwärmen wäre immer noch untertrieben. Vor ihrer Sangeskunst müssen alle Worte verstummen.

Hinreißend auch das Gute-Laune-Musical „Mamma Mia!“ mit 22 weltbekannten, hier eingedeutschten Abba-Hits. Besonders überzeugt das Damen-Trio Donna (Sabine Mayer), Rosie (Barbara Raunegger) und Tanja (Betty Vermeulen). Das Stück läuft im Theater des Westens bis zum 14. Februar 2015. Ein Besuch ist ausdrücklich zu empfehlen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen