© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/14 / 31. Oktober 2014

God’s own Countrysänger
Toby Keith macht mitreißende Musik für vaterlandsliebestrunkene US-Amerikaner
Christian Schreiber

In den USA ist Toby Keith eine Legende. Aber nach seinem Megaerfolg mit „Red Solo Cup“ vor drei Jahren war es um die Karriere des Country-Sängers ein wenig ruhig geworden. Zuletzt lieferte er zwei recht unspektakuläre Scheiben ab, große Charterfolge blieben ihm damit sowohl in seiner Heimat als auch in Europa versagt. Das soll sich nun mit seiner neuen Scheibe „Drunk Americans“ („Betrunkene Amerikaner“) ändern, die er am 14. Oktober vorstellte.

Mit seinen Songs surft der Haudegen auf der derzeit in den Vereinigten Staaten grassierenden Bro-Country-Welle, deren Musikstil auch Elemente aus Rock, Pop und Hip-Hop integriert und die herkömmliche Country-Musik radiotauglicher gemacht hat.

In seinen Liedern idealisiert er das Leben der Trucker auf den Highways, besingt begehrenswerte Frauen und läßt „echte“, trinkfeste Männer in einem freien Amerika hochleben: „We ain’t east, we ain’t west. We ain’t left, we ain’t right. Ain’t black, we ain’t white ... we just came here to drink“ – Wir sind nicht Ost, wir sind nicht West. Wir sind nicht links, wir sind nicht rechts. Sind nicht schwarz, wir sind nicht weiß. Wir sind hierher gekommen, um zu trinken“, schmettert Keith auf seiner neuesten Single.

Eine Hymne auf die Freiheit des biertrinkenden amerikanischen Arbeiters, garniert mit einem gehörigen Schuß Patriotismus. Kenner der US-Musikszene trauen dem kräftig-muskulösen Sänger einen neuen großen Erfolg zu.

Keith selbst ist nach eigenem Bekunden nicht mehr so auf das große Geld aus, er will sich beweisen, daß er es noch einmal in die Herzen seiner Fans schafft.

Mit 53 Jahren ist der Country-Sänger ohnehin ein mehr als gemachter Mann. Das US-Magazin Forbes, das jährlich die reichsten Amerikaner präsentiert, hatte Keith vor einem Jahr als potentiellen Kandidaten erstmals auf der Liste. Sein Besitz wurde auf 320 Millionen US-Dollar geschätzt, damit fand er sich in guter Gesellschaft mit anderen Forbes-Anwärtern wie der Sänger-Kollegin Madonna, dem Biergiganten Jim Koch oder dem Künstler David Copperfield.

Von den Ölfeldern in die Musikkneipen

Dabei hatte alles so typisch amerikanisch unspektakulär angefangen. Toby wurde im Juli 1961 in Oklahoma geboren und lebte das Leben eines typischen Südstaatlers. Er wuchs auf einer Farm auf und ging den Eltern früh zur Hand. Nach Abschluß der Schule verdiente er sein Geld bei einem Ölfeldbetreiber, wo er es bis zum Vorarbeiter brachte. „Daß ich einmal Musikkarriere machen würde, hätte ich nie für möglich gehalten, mein Traum war es immer, Football-Profi zu werden.“ Den größten Teil seiner Freizeit verbrachte er denn auch in der Mannschaft der „Oklahoma City Drillers“, einem Footballteam der Semiprofi-Football-League.

1981 kam er mit den Freizeitmusikern der Esay Money Band in Berührung, die ihn bis heute begleitet. Die Jungs tingelten durch Spelunken und Hinterhofclubs und verdienten sich ein paar Dollar dazu. Irgendwann hängten sie ihre bürgerlichen Jobs an den Nagel und versuchten es als Profi-Musiker. „Unsere Familien haben wir informiert, aber nicht um Erlaubnis gefragt. Sie haben ohnehin überlegt, ob sie uns erschießen oder lieber ertränken sollen“, erzählte er einmal mit seinem berüchtigten Humor. Lange Jahre lebten die Musiker am Existenzminimum, erst 1993 gelang der Durchbruch. Ein Kumpel hatte ein Demo-Tape ungefragt an mehrere Plattenfirmen geschickt, eine biß an. Das Debüt-Album „Toby Keith“ schoß gleich an die Spitze der Billboard-Charts, seitdem reihte sich Hit an Hit.

Reich sind Keith und seine Mitstreiter geworden, leise aber auf keinen Fall. Der „Country-Philosoph“ packt in seinen Texten auch heiße Eisen an, 2002 veröffentlichte er das Lied „Courtesy of the Red, White and Blue“, in dem er sich mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auseinandersetzte und den Glauben an „God’s Own Country“ beschwor. Kritiker bemängelten, er verkläre den Afghanistan-Krieg und überschreite die Grenze zwischen Vaterlandsliebe und Hurra-Patriotismus. Immer wieder und wieder ging Keith dahin, wo die Soldaten seines Landes stationiert sind, und sang für sie – auf Truppenübungsplätzen, Militärflughäfen, am Horn von Afrika oder am Hindukusch. „Meine Stimme wird erst schweigen, wenn ich tot bin“, sagte er trotzig.

Doch es gibt auch den anderen Keith. Neben der Musik verdient er viel Geld mit der Restaurantkette „I Love This Bar and Grill“. In seinen Lokalen hat er – für den Süden der USA völlig untypisch – ein generelles Waffenverbot verhängt, weil es „Orte des Friedens und der Freundschaft sein“ sollen.

Foto: Toby Keith: Ob am Horn von Afrika oder am Hindukusch – die Herzen der GIs fliegen dem 53jährigen zu

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