© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/14 / 31. Oktober 2014

Haltungsnote
Kein Bock auf Sprachpolizei
Ronald Berthold

Das Praktische für unsere Gutmenschen ist, daß sie jeden Morgen einen neuen Rassisten, Sexisten oder Reaktionär entdecken, an dem sie sich abarbeiten können. Daher dürften sie sich über Jürgen von der Lippe freuen. Auch wenn sie es natürlich nicht zugeben. Im Gegenteil. Sie werden jetzt Empörung vortäuschen, die antisexistische Karte ziehen.

Denn auf seine alten Tage nervt den Entertainer zunehmend das muffige Klima in unserer ach so aufgeklärten Gesellschaft. Den Gleichberechtigungswahn nennt der 66jährige im aktuellen Spiegel „Gender-Scheiße“ und rechnet gleich noch mit der Frauenquote ab. Sie bringe Menschen in Führungspositionen, „nur weil sie das richtige Geschlecht haben“. Und die Emanzipation allgemein? Das sei manchmal „schreiender Blödsinn“. Rainer Brüderle nimmt er gegen die Medienkampagne wegen seines angeblichen „Herrenwitzes“ in Schutz. Ein „abgekartetes Spiel“ sei das gewesen.

Schon kürzlich machte er sich im TV über unsere Sprachpolizei lustig. Als Beispiel für ein Palindrom, also einen Satz, der vorwärts und rückwärts gelesen dasselbe ergibt, sagte er: „Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie.“ Um dann gleich hinterherzuschieben: „O, Gazelle darf man ja nicht mehr sagen.“

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