© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/14 / 07. November 2014

Artur Mas. Der Führer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung steht vor dem Absturz
Der Untote
Michael Ludwig

Es gibt wohl kaum einen lebenden spanischen Politiker von Rang, der sich innerhalb so kurzer Zeit in eine derart aussichtslose Lage manövriert hat wie der katalanische Ministerpräsident Artur Mas. Nachdem das Madrider Verfassungsgericht seinen Unabhängigkeitsbestrebungen einen Riegel vorgeschoben hatte, zog er den für den 9. November angekündigten Volksentscheid über den Verbleib Kataloniens bei Spanien zurück. Stattdessen sollte am selben Tag eine unverbindliche Befragung der Katalanen zum Thema durchgeführt werden. Doch nun hat das oberste Gericht auch diese für unzulässig erklärt. Mas steht damit vor den Trümmern seiner Unabhängigkeitspolitik.

Dabei galt der heute 58jährige noch vor ein paar Jahren als Vorzeigepolitiker. Die Presse nannte ihn einen „spanischen Kennedy“, und mit seinen markanten Gesichtszügen wußte er die Menschen zu beeindrucken. Heute ist er nur noch ein Schatten seiner selbst. „Wenn er sich empört, wirkt er wie Donald Duck – halb arglos, halb beschränkt, vor allem dann, wenn er sich darüber ausläßt, daß die Welt nicht so ist, wie er sie sich vorgestellt hat“, spottete die einflußreiche Madrider Tageszeitung El Mundo.

Mas wurde 1956 in Barcelona als ältestes von vier Kindern einer bürgerlichen Familie geboren. Er studierte Betriebs- und Volkswirtschaft, und seine politische Karriere begann 1987, als er in den Stadtrat von Barcelona gewählt wurde. 1995 schaffte er den Sprung ins katalanische Parlament. Bei den Regionalwahlen 2003 und 2006 stellte ihn seine Partei, die bürgerlich-nationalistische Convergencia Democratica de Catalunya (CDC), schließlich als Spitzenkandidat auf. Obwohl sie beide Male zur stärksten Fraktion wurde, gelang es Mas aber nicht, ein Kabinett zu bilden. Erst 2010 schaffte er es, Regierungschef zu werden.

Doch dann begann Mas am Nachmittag des 7. August 2012 politisch zu sterben, als er sich „entschloß, auf der katalanischen Unabhängigkeitswelle zu surfen“, so ein Beobachter. Nach den eindrucksvollen Unabhängigkeitsdemonstrationen rechnete sich Mas große Chancen aus, bei vorgezogenen Wahlen zu punkten. Er forcierte die Bestrebungen, es mit Madrid zum Bruch kommen zu lassen. Aber die Strategie ging nicht auf, im Gegenteil – bei der Regionalwahl 2012 machten die Wähler die CDC zwar zusammen mit ihrem Bündnispartner Unio Democratica de Catalunya (UDC) erneut zur stärksten Kraft, dennoch blieb sie weit hinter den Erwartungen zurück. Nur mit Hilfe der linksnationalistischen Republikanischen Linken (ERC), die in Sachen Unabhängig einen sehr viel aggressiveren Kurs vertritt, wurde Mas Ministerpräsident.

Vermutlich wird es bald erneut zu vorgezogenen Regionalwahlen kommen. Die Chancen der CDC stehen schlecht. „Artur Mas irrt herum wie ein Zombie auf der Suche nach dem Grab – um darin für immer zu verschwinden“, bilanziert El Mundo.

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