© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/14 / 07. November 2014

Den Skandalen und der Korruption ein Ende bereiten
Präsidentschaftswahl in Rumänien: Der deutschstämmige Klaus Johannis fordert in der Stichwahl den Sozialisten Victor Ponta
Paul Leonhard

Die Prognosen der Wahlforscher stimmten beinah exakt: 40 Prozent für den sozialistischen Regierungschef Victor Ponta, 30 Prozent für den konservativ-liberalen Bürgermeister von Hermannstadt, Klaus Johannis. Alle anderen zwölf Kandidaten um das Staatspräsidentenamt blieben im einstelligen Bereich. Gerade ihre Empfehlungen könnten aber das Zünglein an der Waage sein, wenn die Rumänen am 16. November zur Stichwahl an die Urnen gerufen werden.

Der Sozialist Ponta hatte im Wahlkampf gegen den der deutschen Minderheit der Siebenbürger Sachsen angehörenden Johannis, der Vorsitzender der Nationalliberalen Partei ist, erfolgreich auf die nationale Karte gesetzt: „Stolz, Rumäne zu sein“ stand auf seinen Plakaten. Als Präsident werde er dafür sorgen, daß Rumänien ein „wahrhaft demokratisches und europäisches Land“ werde, sagte Ponta bei seiner Stimmabgabe. Nach zehn Jahren müsse endlich die Spaltung der Gesellschaft überwunden werden. Ponta, der als Ministerpräsident vor allem durch seine versuchte Einflußnahme auf die Justiz und seinen permanenten Streit mit dem konservativen Präsidenten Traian Băsescu aufgefallen war, verspricht viel: Anhebung der Löhne und Renten und die Stärkung des Sozialstaates.

Die Rumänen müßten sich zwischen zwei Varianten entscheiden, erklärte Johannis nach Bekanntgabe des Ergebnisse: für ein Rumänien der gepfuschten Arbeit, der Skandale und Lügen oder für ein Rumänien des guten Handwerks und der Korruptionsbekämpfung.

„Klaus Johannis als Präsident Rumäniens würde einen Quantensprung in der Wahrnehmung Rumäniens in Europa bedeuten“ unterstrich der Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Bernd Fabritius. Dagegen kündigten Vertreter des Ungarnverbandes an, Ponta zu favorisieren. Dieser dürfte bei der Stichwahl auch von der liberalen Splitterpartei PLR unterstützt werden, während die parteilose EU-Parlamentarierin Monica Macovei, die 4,5 Prozent der Stimmen erhielt, die Wahl von Johannis empfiehlt.

Auch Elena Udrea (5,2 Prozent), Vorsitzende der bürgerlichen PMP, dürfte als politischer Zögling von Präsident Băsescu kaum die Wahl von dessen Intimfeind Ponta unterstützen. Der scheidende Präsident selbst, der nach zwei Amtsperioden nicht mehr kandidieren durfte, enthüllte Mitte Oktober süffisant vor laufenden Fernsehkameras, daß Ponta vier Jahre lang als verdeckter Offizier des Auslandsnachrichtendienstes SIE gearbeitet und dies bisher verschwiegen habe. Da aber auch der bisherige SIE-Leiter, Teodor Meleșcanu, bei den Wahlen kandidierte, verpuffte die Enthüllung.

Politologen, die das Wahlverhalten der Rumänen seit 1989 untersuchten, weisen darauf hin, daß bei einer geringen Wahlbeteiligung im Inland die entscheidenden Stimmen von den zwei bis drei Millionen Auslandsrumänen kommen könnten. Sie sorgten bei der Präsidentenwahl 2009 dafür, daß der konservative Băsescu siegte. Dies erklärt auch die Wut über die katastrophale Wahlorganisation in den rumänischen Auslandsvertretungen am vergangenen Sonntag.

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