© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/14 / 07. November 2014

DVD: Dracula
Mangelnde Werktreue
Werner Olles

Die Vampirsage ist seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ein zentrales Thema der phantastischen Literatur. Von Lord Byron bis Charles Baudelaire tauchen die Blutsauger aus ihren unheiligen Grüften auf. Doch erst der weltweit millionenfach verbreitete Roman des irischen Schriftstellers und Theaterkritikers Bram Stoker „Dracula“ hat ihren Ruhm und ihren Schauer unsterblich gemacht. Von den über 50 Filmen um den blutrünstigen Graf aus Transsylvanien ragen vier besonders hervor: Friedrich Wilhelm Murnaus „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ (1921/22); Tod Brownings „Dracula“ (1930); Terence Fishers „Dracula“ (1958) und Francis Ford Coppolas „Bram Stoker’s Dracula“ (1992).

Dario Argento, ein vom sogenannten „Giallo“, einer in den sechziger Jahren von Filmemachern wie Mario Bava und Lucio Fulci entwickelten, spezifisch italienischen Spielart des Horror- und Slasher-Thrillers kommender Regisseur, der gemeinsam mit Bernardo Bertolucci für Sergio Leones Italo-Western „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968) das Drehbuch schrieb, inszenierte 2012 seine Version von „Dracula“. Sie stieß wegen ihrer expliziten Gewaltszenen auf zwiespältige Reaktionen und wurde meist nur in geschnittenen Fassungen gezeigt, während die deutsche Filmbewertung kaum etwas daran zu beanstanden hatte.

Argento, der mit Giallo-Klassikern wie „Rosso – Farbe des Todes (1975), „Suspiria“ (1977) und „Tenebrae“ (1982) zum ungekrönten König des modernen Horrorfilms avancierte und Hollywood-Legenden wie John Carpenter und Brian de Palma beeinflußte, setzt neben den genreüblichen Zutaten, spektakulären Farb- und 3D-Effekten vor allem auf die Besetzung. So ist seine Tochter Asia Argento in der Rolle der Mina Harker eine echte Augenweide, in die sich der transsylvanische Blutsauger verständlicherweise verliebt. Thomas Kretzschmann bringt hingegen in seinen Part als Dracula nur wenig Dämonisches ein, während Rutger Hauer als Vampirjäger Van Helsing sein Bestes gibt.

Negativ zu bewerten ist die mangelnde Werktreue des schwachen und teilweise grob gefertigten Drehbuchs, dessen hölzerne Dialoge kaum noch etwas von Bram Stokers genialem Roman ahnen lassen.

DVD/Blu-ray: Dario Argentos Dracula. Koch Media 2014. Laufzeit etwa 106 Minuten

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