© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/14 / 14. November 2014

Fernsehen, wann und wo ich will
Video auf Abruf: Welcher Anbieter ist der richtige für mich? Eine Übersicht über vier Netflix-Konkurrenten
Ronald Gläser

Eine Filmszene aus einer „Law and Order“-Folge: Zwei New Yorker Polizisten vernehmen einen Zeugen. Sie fragen den Videothekenbesitzer nach seinen Geschäftszeiten, und er beginnt zu jammern: Die Zeiten seien schlecht, seit Maxdome und andere ihm die Kunden abspenstig machten.

Des einen Leid, des anderen Freud: Vorbei die Zeit, in der der Fernsehzuschauer in seinem Konsumverhalten abhängig von den geschäftlichen und oft auch politisch korrekten Entscheidungen der Senderchefs war. Video on demand wird immer beliebter. Nahezu jeder zweite Deutsche nutzt bereits TV-Angebote aus dem Internet, die meisten klicken Youtube oder TV im Livestream an. Und bereits 19 Prozent der Internetnutzer besuchen Online-Filmportale.

Für Bezahlfernsehsender war der deutsche Markt bislang eine unknackbare Nuß. Jahrzehntelang hat sich Sky (früher Premiere) abgemüht.

Mit Netflix kam die Wende auf dem Markt

Doch spätestens der Einstieg der US-Firma Netflix in den deutschen Markt im September hat der Branche nun den letzten Kick gegeben: Inzwischen ist die Zahl der Anbieter fast unüberschaubar. Sie reicht von Mediatheken über Telefongesellschaften bis hin zu Premium-Anbietern, bei denen ein einzelner Film schon mal einen zweistelligen Euro-Betrag kosten kann und damit das Vielfache dessen, was in der Videothek fällig wird. Und trotzdem läuft Video on demand den Videotheken langfristig den Rang ab, weil es bequemer und die Auswahl größer ist. Die JF hat vier der zahlreichen Anbieter unter die Lupe genommen.

 

iTunes

„Kinosaal ist überall“, wirbt iTunes, das Programm, das jeder Apple-Kunde nutzen muß, der sein iPhone, iPad und so weiter sinnvoll nutzen will. Es ist der sprichwörtliche Goldene Käfig, der den Kunden gefangenhält in der Apple-Welt, wo er alles doppelt und dreifach bezahlen muß. Und trotzdem nutzen Millionen die Produkte der US-Firma, denn Apple weiß, was das Publikum will. Im Falle von Videofilmen ist das ein sehr großes Angebot an Spielfilmen und Dokumentationen, aber auch an Serien. Die Auswahl könnte kaum größer sein. Ein Film wie „Stromberg“ kostet beim Ausleihen 4,99 Euro und beim Kaufen 11,99 Euro. Eine ganze Staffel der Serie kostet 13,99 Leihgebühr. Einen monatlichen Pauschalbetrag wie andere Anbieter kennt das Modell nicht. Jeder Film wird einzeln bezahlt.

iTunes. Wie alles von Apple ist auch dieser Dienst zwar sehr teuer, aber auch sein Geld wert.

www.itunes.de

Kosten: keine Grundgebühr

Nutzen: «««««

Bedienbarkeit: «««««

Gesamtbewertung: Gut, aber teuer

 

Amazon Instant Video

Früher hat Amazon DVDs verliehen, die mit der Post verschickt wurden. Gleichzeitig baute der angsteinflößende Quasimonopolist einen Premiumdienst auf, bei dem Kunden die Versandkosten sparen, wenn sie eine jährliche Grundgebühr entrichten. Nun hat das US-Unternehmen diese Dienste zusammengeführt: Amazon-Prime-Kunden können auf die 25.000 Filme umfassende Datenbank zugreifen. Viele Filme sind ganz umsonst. Beliebte Streifen wie „Stromberg – Der Film“ kosten genausoviel wie bei iTunes (4,99 Euro als Leihgebühr oder 11,99 Euro als Kaufpreis), aber dafür können die einzelnen Staffeln der Serie kostenfrei angeschaut werden, was bei iTunes nicht möglich ist. Nachteil dafür: Das Angebot ist ziemlich unübersichtlich.

Amazon Prime. Wer oft bei Amazon bestellt, für den ist Prime wegen der anderen Zusatznutzen eine Option.

www.amazon.de

Kosten: 49 Euro pro Jahr

Nutzen: «««««

Bedienbarkeit: «««««

Gesamtbewertung: Lohnt sich

 

Netzkino

Alles für umsonst geht nicht. Wer Skrupel hat, kriminalisierte Seiten wie kinox.to aufzurufen und trotzdem umsonst Filme im Netz sehen will, für den ist Netzkino das richtige. Die Internetseite besitzt die Lizenzen zahlreicher zweit- und drittklassiger Filme und finanziert sich durch einen kleinen Werbeblock am Beginn des Films. Verglichen mit dem Privatfernsehen seien dies „ca. 15 Werbespots weniger als im Free-TV“, so die Betreiber im Hinweis unter der Filmbeschreibung. Der Film kann mittendrin angehalten werden. Die Nachteile: Drei Werbefilme sind immer noch drei zuviel. Und die Auswahl läßt zu wünschen übrig. Wer einen echten Blockbuster sucht, wird nicht fündig. Die App ist nicht Apple-TV-kompatibel, die Netzseite sehr langsam.

Netzkino. Optimal für Schnäppchenjäger, leider mit überschaubarer Datenbank.

www.netzkino.de

Kosten: keine

Nutzen: «««««

Bedienbarkeit: «««««

Gesamtbewertung: Lieber nicht

 

Watchever

Vor dem Netflix-Start war Watch-ever der Anbieter, der mit viel Tamtam den Markt aufgemischt hat. Ein großer Coup der französischen Firma war beispielsweise der Erwerb der Lizenz der der Zeichentrickserie „Star Wars, the Clone Wars“. Watchever verlangt eine Monatspauschale von 8,99 Euro und ermöglicht Zugang zu rund 13.000 Filmen, darunter viele Serien. Die ganz großen Blockbuster sind leider auch hier nicht dabei. Trotz einer großen Kundenzahl (Schätzung 300.00 bis 500.000) soll der Betrieb defizitär laufen. Großer Nachteil: Kunden sollten lieber nicht versuchen zu kündigen. Die Prozedur dazu ist eine Zumutung und soll sie halten. Wohl auch deshalb wirbt Netflix damit, daß Kündigen genauso einfach sei wie Abonnieren.

Watchever. Gutes Angebot, solange der Kunde nicht das monatliche Kündigungsrecht in Anspruch nimmt.

www.watchever.de

Kosten: 8,99 Euro pro Monat

Nutzen: «« «««

Bedienbarkeit: «««««

Gesamtbewertung: Muß nicht sein

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