© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/14 / 14. November 2014

Eine neue Minderheit in Deutschland
Normalgewichtige: Gegen überflüssige Pfunde helfen eher hausbackene Strategien
Malte Stöckler

Die jüngste Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI) zur „Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ belegt, daß Normalgewichtige inzwischen in der Minderheit sind. Denn 67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen gelten als übergewichtig. Das sind insgesamt 15 Millionen Menschen. Ob sich bei Kindern und Jugendlichen ähnlich bedenkliche Tendenzen abzeichnen, wird eine RKI-Studie zeigen, die in diesem Jahr begonnen wurde.

Bislang sind 200.000 Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren als extrem adipös einzuschätzen. Bei ihnen liegt der Body-Mass-Index, der sich aus der Relation von Körpergewicht und Körpergröße errechnet, zwischen 30 und 45.

Konventionelle Therapie bringt wenig

Zu Alarmismus besteht allerdings kein Anlaß, da nach massiver Zunahme übergewichtiger Kinder in den achtziger Jahren deren Zahl seit 2000 konstant blieb. Ein Trend, der jedoch keine Entwarnung erlaubt, weil es 2014 dreimal mehr viel zu dicke Kinder gibt als 1984.

Therapeutische Gegensteuerung mittels konventioneller Verhaltenstherapie bringe wenig, wie der Ulmer Endokrinologe Martin Wabitsch beklagt (Pharmazeutische Zeitung, 20/2014). Die Erfolgsaussichten seien so schlecht, daß sich die Frage stelle, ob es ethisch vertretbar sei, Betroffenen eine solche Tortur zuzumuten. Als Alternative käme die bariatrische Chirurgie (Magenverkleinerung u.ä.) zunehmend schon bei Jugendlichen zum Einsatz. Doch die Nachsorge werde sträflich vernachlässigt, so daß von diesem operativen Eingriff, der die Physiologie des Patienten tiefgreifend verändert, eher abzuraten sei.

Die von US-Forschern in Tierexperimenten erprobte Möglichkeit, das Darmmikrobiom Übergewichtiger gegen das Normalgewichtiger auszutauschen, weckt vorerst höchstens schwache Hoffnungen. Denn Humanstudien mit dieser „Stuhltransplantation“, die durch einen winzigen Eingriff im Darmtrakt die zu Übergewicht führende hohe Effizienz der Nahrungsverwertung senkt, stehen noch aus.

Da auch Crash-Diäten und Hungerkuren langfristig wirkungslos sind, bleiben daher nur eher hausbacken anmutende Strategien, deren Erfolg aber gut nachgewiesen ist: kalorien- und fettarme Kost, konsistentes Ernährungsmuster mit regelmäßigem Frühstück, ständige Gewichtskontrolle und hohe körperliche Aktivität.

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