© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/14 / 14. November 2014

Knapp daneben
Ehrliches Bemühen um eine bessere Welt
Karl Heinzen

Rose McGowan war nie vom Ehrgeiz getrieben, zu den Ikonen Hollywoods zu zählen. Ihre Leidenschaft galt dem künstlerisch ambitionierten Film, der nicht auf den Massengeschmack schielt. Mit Paraderollen in Klassikern wie „Scream“, „Planet Terror“ oder „Conan“ (von 2011) spielte sie sich in die Herzen der Zuschauer, die im Kino nicht mit seichter Gefühligkeit berieselt werden wollen, sondern die intellektuelle Auseinandersetzung mit den großen Fragen der menschlichen Existenz suchen.

Ihre geistige Prägung hat Rose McGowan im wohlbehüteten wertkonservativen Milieu erfahren. Sie wuchs in Italien in einer Gemeinde der „Children of God“ auf, der ihr Vater vorstand. Diese Religionsgemeinschaft war dafür berühmt, von ihren Angehörigen mehr als nur innere Einkehr zu verlangen. Sie sollten ihre ganze Persönlichkeit in den Dienst des Glaubens stellen und im „Flirty Fishing“ durch Sex Anhänger gewinnen.

Englisch hat Rose McGowan erst spät gelernt. Daher vergreift sie sich noch heute manchmal in der Wortwahl.

Allzu wenigen Menschen war es jedoch vergönnt, diese Form der Evangelisation am eigenen Leib zu erfahren. Die Gemeinschaft zerfiel, als sich der für 1993 prophezeite Weltuntergang leider nicht einstellen wollte. Die englische Sprache hat Rose McGowan erst sehr spät gelernt. Daher vergreift sie sich noch heute manchmal in der Wortwahl. In einem Podcast brachte sie nun die Öffentlichkeit gegen sich auf, da sie „die Schwulen“ pauschal anklagte, genauso frauenfeindlich wie heterosexuelle Männer zu sein. Ihr ehrliches Bemühen um eine bessere Welt sollte man trotz dieser Unflätigkeit nicht in Zweifel ziehen, und tatsächlich verdient ihre Mahnung Beachtung. Minderheiten, die seit Menschengedenken diskriminiert wurden, neigen sehr leicht dazu, sich ausschließlich für die eigenen Rechte einzusetzen. Damit werden sie aber zum Mitwirkenden in einem Machtspiel, das es zu überwinden gilt. Erst wenn jeder Mensch sich unablässig für die Rechte eines jeden anderen Menschen einsetzt, besteht die Aussicht auf eine humane Zukunft. Niemand darf sich diesem moralischen Druck entziehen, bloß weil er das Glück hat, einer drangsalierten Minderheit anzugehören.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen