© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/14 / 21. November 2014

Beichtgespräch mit einem Fisch
SAID über die verblichene Hoffnung eines Liebenden
Rolf Stolz

Von jenen Büchern, die dieses Jahrzehnt und vielleicht sogar dieses Jahrhundert überleben, dürften die meisten in kleinen Verlagen auf schlechtem Papier, im dunklen Winkel der armen Poeten erschienen sein. Aber es gibt Ausnahmen. Im Göttinger Steidl-Verlag, diesem tatkräftigen Gegenmodell zu den Medienkonzernen mit Buchannex, erscheint mit „parlando mit le phung“ ein von Sarah Winter ebenso schlicht wie schön gestaltetes Buch, das ohne jede Konzession an modische Avantgarde-Mätzchen in Inhalt und Form exzellent ist.

Dieses Werk eines in Teheran geborenen deutschen Poeten hat ein von Millionen Menschen erlebtes Thema: das ebenso endgültige wie unbegreifliche Fortgehen der Geliebten. Gerade solche Gegenstände gehören zu den allerschwierigsten Herausforderungen, denn hier lauern Banalität und Kitsch. Was SAID daraus macht, ist ein furioses Kunst-Stück: Der verlassene Dichter spricht mit einem Fisch, dem seine Geliebte den Namen „le phung“ gegeben hat.

In acht Kapiteln lyrischer Prosa ist dieser Monolog eine Beichte, ein Rekapitulationsversuch der vergangenen Zeit und des Verlustes, aber auch ein Zwiegespräch mit der Verschwundenen. Gegangen ist sie unter Tränen und mit einer Erklärung, die alles und nichts verständlich macht: „Ich brauche meine freiheit, sonst gehe ich ein.“ Die Hoffnung, sie werde zurückkehren, erfüllt sich nicht. Bei ihrer einzigen Begegnung Monate später geht sie schnell vorbei und sagt lediglich „Grüß dich“ – „So grüßt man vielleicht den gemüsehändler.“

Dieser poetische Rückblick des gegen alle Hoffnungslosigkeit hoffnungsvoll Liebenden ist voller erotischer Begeisterung und stummer Verzweiflung. Im sich seiner selbst vergewissernden poetischen Gespräch mit dem schweigenden Fisch – zuerst mit dem lebenden im Teich, dann mit dem toten und gekochten – werden die Szenen einer großen Liebe lebendig: Voller Lust und Tiefe, aber ohne Festigkeit und Dauer. SAIDs knappes Werk mit seinen ungewöhnlichen Bildern, seinen ehrlichen Gefühlen und Bekenntnissen ist geprägt von Weisheit und Schönheit. Der Leser erfährt hundertmal mehr über Männer und Frauen als aus den kiloschweren Romanbestsellern, und zwar gerade deshalb, weil der Dichter jedes Psychologisieren und Etikettieren verweigert.

SAID: Parlando mit le phung. Steidl Verlag, Göttingen 2013, gebunden, 128 Seiten, 18 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen