© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/14 / 21. November 2014

Knapp daneben
Zeugnisse vergangener Prunksucht
Karl Heinzen

Etwa 40 VIPs des Porsche Travel Clubs sollen es gewesen sein, die vor kurzem in der Sixtinischen Kapelle unter Michelangelos liegendem Adam den Klängen Rossinis andächtig lauschten. Man war unter sich, außerhalb der regulären Öffnungszeiten, in denen der Touristenpöbel zu Tausenden den Vatikan mit seiner primitiven Schaulust entweiht.

Nach dem Kunstgenuß kamen auch die Gaumenfreuden nicht zu kurz. Die noble Gesellschaft zog weiter in das Vatikanische Museum, um in einem seiner prunkvollen Säle zu dinieren. Wie viele Gänge geboten wurden und ob ein Priester von angemessenem Rang Brot und Wein reichte, ist nicht bekannt. Ungeklärt ist auch die Höhe des Betrages, der Porsche in Rechnung gestellt wurde. Italienische Medien spekulieren, daß es sich um 200.000 Euro gehandelt habe.

Im Vatikan muß die ungewöhnliche Kooperation niemanden in den Beichtstuhl treiben.

Für Porsche war dies eine wichtige Investition, muß das Unternehmen doch das Markenimage aufpolieren. Die Öffentlichkeit begreift seine Sportwagen längst nicht mehr als Statussymbole. Sie amüsiert sich vielmehr über die Typen, die sie hinter dem Steuer erspäht, grauhaarige Männer mit Potenzproblemen, die von Gespielinnen träumen, die sie nie hatten und nie haben werden, und denen die Panik ins Gesicht geschrieben steht, der PS-Stärke unter der Motorhaube hilflos ausgeliefert zu sein. Auch sind Porsche-Modelle heute so allgegenwärtig im Straßenverkehr, daß sie kein Staunen mehr erregen. Wer wirklich in Geld schwimmt, weicht daher auf weit luxuriösere Marken aus. Den Schein, etwas Besonderes zu bieten, kann Porsche durch Autos allein nicht mehr aufrechterhalten.

Im Vatikan wiederum muß die ungewöhnliche Kooperation niemanden in den Beichtstuhl treiben. Wer sich aufs neue dem Armutsideal verschrieben hat, braucht nicht zu fürchten, durch Reiche korrumpiert werden zu können. Kunstschätze haben keinen spirituellen Wert. Sie sind Zeugnisse der Prunksucht anmaßender Eliten von einst und verdienen als solche Verachtung. Wie ließe sich diese besser zum Ausdruck bringen, als wenn man den nicht minder anmaßenden Eliten von heute exklusiven Zugang zu ihnen gewährt?

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