© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/14 / 28. November 2014

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Die Etablierten schlagen zurück
Paul Rrosen

Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker hatte die Parteien davor gewarnt, sich den „Staat zur Beute“ zu machen. Und der bekannte Parteienwissenschaftler Hans Herbert von Arnim veröffentlichte ein Buch mit dem Titel: „Der Staat als Beute. Wie Politiker in eigener Sache Gesetze machen”.

Ein Lehrstück in Sachen Beute und Gesetzgebung in eigener Sache wird in nächster Zeit wieder im Bundestag zu erleben sein. Schon seit längerem macht den etablierten Parteien von Linke bis CDU/CSU die Alternative für Deutschland (AfD) zu schaffen. Die Wahlerfolge der neuen Konkurrenz haben schon zahlreiche bisherige Abgeordnete arbeitslos gemacht. Bei weiteren AfD-Erfolgen werden die Bundestagsparteien weitere Mandate verlieren.

Neben den Sitzen gehen den Etablierten auch finanzielle Mittel verloren, auch wenn sie mit komplizierten Regelungen im Parteiengesetz den Griff in die Staatskasse durch mitglieder- und organisationsschwache Konkurrenten sehr erschwert haben. Aber die AfD erkannte eine Möglichkeit, die eigenen Einnahmen durch Handel mit Gold zu erhöhen (JF 43/14). Kurz gesagt funktioniert das so: Die AfD verkauft Goldmünzen, und der Umsatz des Goldes (nicht nur der Gewinn) fließt in die Berechnung der Staatsfinanzierung ein. Da die AfD-Strukturen noch nicht so entwickelt sind, hätte die junge Partei ohne den Goldhandel auf einen Teil der staatlichen Mittel verzichten müssen. Denn vom Staat kommt nur soviel Geld, wie die Partei selbst durch Mitgliedsbeiträge, Spenden oder Geschäfte erwirtschaftet. Mit der Regelung hoffte man im Bundestag, Kleinparteien auch kleinhalten zu können. Das ging so lange gut, bis die AfD auf das Geschäft mit dem Gold kam. In der Presse wurde die junge Partei wegen ihrer „Tricks“ (Bild) sofort verrissen. Linken-Chef Bernd Riexinger sprach von einem „raffinierten Abzocker-Modell“, und Volker Beck (Grüne) warf AfD-Chef Bernd Lucke das „Ergaunern von Staatsknete“ vor.

Damit lagen die beiden Politiker jedoch schwer daneben. Wie die Bundestagsverwaltung inzwischen feststellte, ist der Goldverkauf rechtmäßig, und die AfD hat Anspruch auf höhere Zuschüsse. Aber Ruhe soll die junge Partei nicht haben. Zwar sind die AfD-Einnahmen „Erlöse im Sinne des Parteiengesetzes“, wie Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) wissen ließ. Aber im Sinne der Bundestagsparteien sind die Geschäfte natürlich nicht, und deshalb empfiehlt Lammert, das Parteiengesetz zu ändern und die Goldgeschäfte auszuschließen. Man darf gespannt sein, ob die millionenschweren Zeitungsbeteiligungen der SPD dann auch nicht mehr bei den Parteiumsätzen mitgerechnet werden.

Für Lammert widerspricht der Goldhandel dem verfassungsrechtlichen Grundgedanken, daß Parteien sich zur Hälfte selbst finanzieren müssen, weil sich nur so ihre hinreichende Verwurzelung in der Gesellschaft zeige. Lammerts These ist mutig. Die Volksparteien verloren seit 1990 etwa die Hälfte der Mitglieder. Die mangelnde gesellschaftliche Verwurzelung ist weniger ein Problem der neuen Partei AfD.

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