© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/14 / 28. November 2014

Haltungsnote
Und er singt doch
Christian Schreiber

Selbst die Fans auf seiner Facebookseite staunten nicht schlecht. „Danke Sami, fürs Singen“ postete der eine. „Woohoo, du kannst sie ja doch, die Hymne. Danke!“ der andere. Und selbst die bürgerlich-reputierliche FAZ jubelte mit der schlichten Aussage „Khedira singt.“ Was war passiert? Der Nationalspieler Sami Khedira bewegte beim Länderspiel in Spanien tatsächlich die Lippen zu den Klängen von Joseph Haydns Lied der Deutschen.

Es war seit Jahren ein Politikum. Die DFB-Elf, stets als Beleg gelungener Integration angeführt, setzte sich auch aus Spielern zusammen, die das Singen der Hymne verweigerten. Dazu gehörten Eingebürgerte wie Mesut Özil oder Lukas Podolski. Der im schlesischen Oppeln aufgewachsene Miroslav Klose sang dagegen brav mit. Es müsse „aus dem Herzen der Spieler kommen“, hat Bundestrainer Jogi Löw stets einen Gesangs-Zwang abgelehnt. Khedira, Kind einer Deutschen und eines Tunesiers, gehörte bislang zu den Sing-Muffeln. Bis zur vergangenen Woche. Da trug er aber auch die Kapitänsbinde. Kritiker unterstellten prompt, er wolle sich als Nachfolger für den dauerverletzten Neu-Spielführer Bastian Schweinsteiger empfehlen. Die Bild-Zeitung forderte umgehend: „Gebt doch Özil auch mal die Binde.“

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