© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/14 / 05. Dezember 2014

Vor 20 Jahren brannte die JF-Druckerei
Der vergessene Terror
Dieter Stein

Ein Anruf der Polizei brachte am Sonntag, den 4. Dezember 1994, die schockierende Nachricht. In der Nacht hatten unbekannte Täter im Gebäude der JF-Druckerei in Weimar Feuer gelegt (siehe Bericht auf Seite 7). Die Druckmaschinen waren völlig zerstört. Über eine Million D-Mark Schaden beklagte der Betrieb. Ich wohnte damals in den Büroräumen in der Amtsstraße 5a in Potsdam, dem damaligen Sitz der JF, und ging selbst ans Telefon.

Zwanzig Jahre ist dieses Ereignis her. Es war der Höhepunkt einer Serie gewaltsamer Attacken auf unser junges Zeitungsprojekt: im Oktober der erste Überfall auf unsere Druckerei, im November eine Großdemonstration mit tausend Demonstranten, die gewaltsam versuchten zum Redaktionsgebäude durchzudringen, im Dezember der Brandanschlag von Weimar. Dann im Januar 1995 erneute Anschläge auf das Büro, durchtrennte Hauptleitungen am Haus, es flogen Rauchgasgranaten durch Fenster, und schließlich brannte am 18. Januar 1995 mein Auto nachts vor der Redaktion, während ich dort schlief. Das geschmolzene Nummernschild liegt noch in meiner Schreibtischschublade.

Der Brandanschlag auf die JF-Druckerei hätte damals zu einem Aufschrei führen, die Gefahren linksextremer Gewalt schlagartig im Fokus der Medien und Politik stehen müssen. Doch das Schweigen der Öffentlichkeit war entlarvend. Klammheimliche Freude spiegelte sich bei linken Medien wie der taz, die großflächig das Bekennerschreiben der Linksterroristen („Brandsätze gegen geistige Brandstifter“) publizierte.

Erst nach über einer Woche, als es uns mühsam gelungen war, für einen Solidaritätsaufruf („Die Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden – Appell anläßlich des Anschlags auf die Druckerei der JUNGEN FREIHEIT“) einige Prominente wie Daniel Cohn-Bendit, Peter Gauweiler, Richard Herzinger, Ulrike Poppe, Thomas Schmid und andere zu vereinen, meldeten sich auch kritische Stimmen zu Wort.

Peter Gauweiler nahm im Januar 1995 in einem FAZ-Beitrag das fehlende Echo auf den Brandanschlag aufs Korn: „Mit den Wölfen schweigen“ überschrieb er sinnreich den Text und stellte fest: „Wenn der Satz richtig ist, daß, wer schweigt, zustimmt, dann haben die sonst so redseligen öffentlichen Instanzen des wiedervereinigten Deutschland, inklusive seiner Verleger- und Journalistenverbände, gegen diese Untat nichts einzuwenden gehabt.“

Von Skrupeln auf der radikalen Linken auch 20 Jahre danach keine Spur. Zwei prominente Köpfe der linksextremen „Antifa“ feierten soeben im Neuen Deutschland den Brandanschlag von 1994 noch einmal: „Wenn man liest, wie das bei denen reingehauen hat – die konnten ihre Zeitung fast zumachen –, war das eine Superaktion gewesen.“ Die JF wurde so zur Nagelprobe für Pressefreiheit in Deutschland.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen