© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/14 / 05. Dezember 2014

Grüße aus Rom
Fliegende Zwiebeln
Paola Bernardi

Besonders empört zeigte sich Roms linker Bürgermeister Ignazio Marino über die Warnung des britischen Außenministeriums für Romreisende: Achtung vor Taschendieben. Gefährliche Brennpunkte – so hieß es in der Empfehlung – seien der Hauptbahnhof „Termini“ und der Bus Nummer 64, der zum Vatikan fährt. Außerdem sollten die Briten „nie ihre Speisen und Getränke unbeaufsichtigt lassen“. Opfer von Betäubungsmitteln würden beraubt und manchmal sogar mißbraucht, so die Warnung.

Wachsende Armut, ein riesiger Schuldenberg, Kriminalität und das Verkehrschaos prägen derzeit die Ewige Stadt. Jetzt zeigt sich das „dunkle Gesicht“ von Rom. 1.500 Jahre nach dem Ende des Römischen Reiches scheint es, als erlebe Rom seinen zweiten Niedergang. „Is Rom slowly burning?“ (Brennt Rom langsam ab?) fragt die New York Times. Die Kriminalität wächst derzeit so rasch wie die Zahl der Obdachlosen und Immigranten und die damit einhergehende sichtbare Verwahrlosung.

Bars, Tankstellen, Tabak- und Juwelierläden leben in ständiger Angst vor Überfällen.

Der stets um seine Popularität besorgte Bürgermeister stellte sofort ein Bataillon von Polizisten für den Hauptbahnhof Termini ab. Doch diese Beamten fehlen nun in den anderen Stadtvierteln. Jetzt schlägt der Dachverband des Handels Alarm. Besonders Tankstellen, kleine Tabakläden, Bars und Juwelierläden leben in ständiger Angst vor Überfällen. Die Zahl der Einbrüche stieg gegenüber dem vergangenen Jahr um 66,4 Prozent, die der Überfälle um 55. „Wir sind zum Bankomat der Kriminellen geworden“, so der Handelskammerpräsident: „Wir brauchen wieder tägliche Polizeipatrouillen.“

Doch woher nehmen? Aus Geldmangel spart die Stadtverwaltung selbst an der Straßenbeleuchtung. Entsprechend häufen sich in dem bei Touristen beliebten Stadtteil Trastevere die Überfälle nach einem Lokalbesuch. Auch die neuen Fußgängerzonen im Zentrum – eine Idee vom Bürgermeister – erweisen sich als Reinfall: Am Tag mutieren sie zum orientalischen Basar, und am Abend sowie in der Nacht stellen sie ein ideales Feld für Überfälle dar.

Zudem setzt den Römern eine neue Masche zu: Aus schnell fahrenden Autos bewerfen Jugendliche Passanten mit Zwiebeln und halten diese Übergriffe mit Handys fest. Bisher konnte noch keine dieser Gangs dingfest gemacht werden. Hingegen mußten Fußgänger mit gebrochenem Nasenbein und Augenverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden.

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