© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/14 / 05. Dezember 2014

Zeitschriftenkritik: Traditio et Innovatio
Die Medizin macht Fortschritte
Werner Olles

Jeder Fortschritt, der nicht der Güte des Menschen dient, ist ein Rückschritt in die Barbarei.“ Gewiß hatte der Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe damit nicht den medizinischen Fortschritt gemeint, obwohl speziell in der Medizintechnologie – Stichwort „Apparatemedizin“–, bei der der Patient oft nur noch unter einem medizintechnischen statt unter einem ganzheitlichen Aspekt betrachtet wird, Kritik bisweilen angebracht scheint. Insgesamt sind die aktuellen Forschungsergebnisse in der Medizin jedoch eher erfreulich. Ob es sich um Medikamente ohne Nebenwirkungen, die Erforschung der Wechselwirkungen von Hirnmasse und Hirnleistungen oder die Analyse von „RNA“-Molekülen und deren Einfluß auf menschliche Krankheiten handelt: Zielgerichtete Forschungsarbeiten sind heute Krankheiten auf der Spur, die noch vor wenigen Jahren als unheilbar galten.

Traditio et Innovatio, das im 19. Jahrgang zweimal jährlich erscheinende Forschungsmagazin der Universität Rostock, beschäftigt sich in seiner aktuellen Ausgabe (2/2014) im Themenschwerpunkt mit der Entwicklung der Medizin aus der Sicht von Nachwuchsforschern, die über die bisherigen Untersuchungsergebnisse im Rahmen ihrer Promotionsvorhaben berichten. Aus unterschiedlichen Fachdisziplinen kommend, geben sie Einblick in die Vielfältigkeit der neueren wissenschaftlichen Arbeiten, wobei dem Leser auffällt, daß Wissenschaft alles andere als trockene Theorie ist, sondern kurzweilig, spannend und auch für interessierte Laien überraschend gut verständlich sein kann.

So arbeitet an der Universität Rostock eine Projektgruppe an der Entwicklung von automatisierten Meßsystemen für Zellverbände, die für die Informationsverarbeitung im Gehirn oder für die Synchronisation des Herzschlags von großer Bedeutung sind. Das Ziel ist, mögliche Schlüssel für bisher unverstandene Krankheiten und deren Therapie, wie beispielsweise Epilepsie, zu finden. Da die bis heute verwendeten Arzneimittel therapeutisch von mäßiger Wirksamkeit sind und zudem erhebliche Nebenwirkungen hervorrufen können, wollen die Biophysiker ein Epilepsiemodell entwickeln, das durch Beeinflussung der Zellaktivität das Krankheitsbild der Epilepsie nachempfindet und somit zur Realisierung einer maßgeschneiderten Therapie beiträgt. Auch die Ursache der Multiplen Sklerose (MS) ist immer noch unbekannt und eine Heilung nicht möglich, es können lediglich die Symptome behandelt werden. Am Institut für Biostatistik und Informatik in Medizin und Alternsforschung läuft daher jetzt ein Versuch, mit Hilfe von „micro-RNAs“ – Molekülen, die die Produktion der Eiweiße aus der DNA überwachen und regulieren –, ein molekulares Netzwerk zu erstellen, das in der Lage ist, für MS einen Biomarker zu entwickeln. So könnte in Zukunft anhand eines Bluttests frühzeitig eine Diagnose gestellt werden, um dann auch zu einem besseren Verständnis der Krankheit zu gelangen.

Kontakt: Universität Rostock, Presse- und Kommunikationsstelle, Ulmenstr. 69, 18057 Rostock, Tel.: 0381 / 4 98-10 12. Das Einzelheft kostet 4,50 Euro. www.uni-rostock.de

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