© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/14 / 05. Dezember 2014

Blick in die Medien
Hier ist nicht Amerika
Tobias Dahlbrügge

In dem 20 Jahre alten Kino-Klassiker „Pulp Fiction“ erklärt ein Killer dem anderen die kulturellen Unterschiede zwischen Europa und den USA: „Die haben denselben Scheiß wie hier, aber es gibt überall feine Unterschiede.“

Das scheinen amerikanische Verleger nicht zu glauben, dabei scheitert ein Medium nach dem anderen, das eins zu eins aus den USA auf den deutschen Markt gebracht wird. Jetzt hat es das Wall Street Journal Deutschland erwischt. Das 2012 gestartete Online-Angebot des US-Konzerns Dow Jones wird zum Jahresende (wieder) eingestellt. Offenbar fanden sich kaum Nutzer, die sich von der Lektüre für 3,79 Euro pro Woche irgendeinen Vorteil versprachen. „Ich bin sehr traurig“, teilte Chefredakteur Ralf Drescher mit.

Damit folgt das deutsche „Wall Street Journal“ der „Financial Times Deutschland“.

Damit folgt das Organ der Wall Street, dem Symbol des amerikanischen Kapitalismus schlechthin, der bereits beerdigten Financial Times Deutschland, die ebenfalls an Leser-Schwindsucht starb.

Daneben steht auf dem Friedhof der US-Presse in Deutschland der Grabstein des Magazins Vanity Fair (2007 bis 2009). Nicht einmal die Krawall-Interviews mit Gabriele Pauli in Fetischmode sowie mit den Verrückten Michel Friedman und Horst Mahler konnten genügend Käufer anlocken. Die Einstellung wurde jedoch mit einer angeblichen Anzeigenkrise erklärt.

Die amerikanische Onlinezeitung Huffington Post ist laut Spiegel angeblich die wichtigste Informationsquelle für die Amerikaner. In Deutschland scheint das kaum jemand so zu sehen. Trotzdem lebt das Medium noch. Aber wohl nur, weil die Autoren kostenlos schreiben und alle Rechte an ihren Beiträgen abgeben. Journalisten kritisieren das Modell als „Content-Fabrik mit angeschlossener Redaktion“. Relevanz hat es nicht.

US-Medienkonzerne sollten langsam lernen, daß globale Strategien zu nationalen Mentalitäten passen müssen.

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