© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/14 / 05. Dezember 2014

Umwelt
L’ Energie- Wende
Heiko Urbanczyk

Frankreichs Umweltministerin Ségolène Royal möchte in Kürze ein Energiewendegesetz auf den Weg bringen. Energiewende nennen die Franzosen „transition énergétique“ oder: L’Energiewende. Selbstverständlich haben unsere westlichen Nachbarn dabei die deutsche Energiewende samt ihrer Irrungen und Wirrungen vor Augen. „Viele Franzosen fühlen sich dabei, als würden sie bei einem Autounfall zuschauen“, wird Severin Fischer von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im IP-Länderporträt Frankreich zitiert (Nr. 3).

Frankreich betreibt 58 Atomkraftwerke und bezieht drei Viertel seines Stroms aus diesen. Die Erneuerbaren machen 16 Prozent am Strommix aus. Die Grüne Partei ist mit 17 von 577 Sitzen bedeutungslos. Was reitet nun Ministerin Royal? 2015 wird die Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Paris stattfinden. Da möchten die Franzosen sich als Vorreiter präsentieren, erklärt der Journalist Michael Neubauer im IP-Länderporträt. Es gehe zudem um die Selbstprofilierung von Staatspräsident Hollande – dem unbeliebtesten der Fünften Republik.

„Stark steigende Strompreise könnten eine Revolution auslösen.“

Knallharte Kostenargumente spielen ebenso eine Rolle. Hier wird es verwirrend. Die Mehrheit der Franzosen würde sich von L’Energiewende Energiesicherheit und sinkende Strompreise erhoffen – genau das, was in Deutschland die Kritiker durch die Erneuerbaren gefährdet sehen. Tatsächlich sind laut Neubauer die veralteten französischen Atommeiler dermaßen sanierungsbedürftig, daß die staatlich regulierten Strompreise bis 2017 um 30 Prozent steigen müßten. „Stark steigende Strompreise könnten eine Revolution auslösen“, warnt Neubauer. Für das Grundbedürfnis „billiger Strom“ ist der Franzose nämlich ebenso sensibel wie für Aufstände empfänglich. Eine Zwickmühle, denn Preissteigerungen um 30 Prozent könnten sich durch L’Energiewende ebenso ergeben.

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