© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/14 / 12. Dezember 2014

Lesereinspruch

Schauderhaft

Zu: „Es muß Tabus geben“ von Jürgen Liminski (JF 48/14)

Herrn Liminskis Sicht auf das Verhältnis von Sterbehilfe und Würde kann ich leider nicht nachvollziehen. Es geht um die Eigenverantwortlichkeit des Todkranken! Kleines Beispiel: Nach meiner Herzoperation lag ich über das Wochenende auf der Intensivstation. Ich bekam eine Bettpfanne untergeschoben und saß dann circa eine halbe Stunde in meiner „Sch...“, denn der Topf war voll. Dies ist kein Vorwurf an das Pflegepersonal. Aber ich kam mir sehr „entwürdigt“ vor. Ich habe dies ertragen, da ich ja auf dem Wege der Besserung war.

Jedoch unter Umständen jahrelang auf Pflegekräfte angewiesen zu sein, die mich füttern, wickeln, baden usw., läßt mich schaudern. Zum Leben in Würde gehört auch ein Sterben in Würde. Einem dies zu versagen ist infam. Und wenn es sich ein Walter Jens anders überlegt hat, ist dies kein zwingendes Argument für mich. Ich erwarte vom Staat, der die Menschenwürde im Grundgesetz verankert hat, daß er mir erlaubt, mich von dieser Welt zu verabschieden, wann ich dies (im Falle einer schwerwiegenden Erkrankung) für opportun halte.

Reinhold Sauer, Böblingen

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