© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/14 / 12. Dezember 2014

Nur Bayern kam glimpflich davon
Hypo Alpe Adria: Neuer Untersuchungsbericht vorgelegt
Lukas Steinwandter

Ende März hat der Ministerrat der Republik Österreich wegen der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) die Einsetzung einer „Unabhängigen Untersuchungskommission“ beschlossen (JF 13/14). Dieses fünfköpfige Gremium unter der Leitung der ehemaligen Präsidentin des Obersten Gerichtshofes Irmgard Griss, hat am 3. Dezember seine Ergebnisse vorgelegt. Der Prüfbericht geht mit Bund und Land (Kärnten) hart ins Gericht. „Die Vorkommnisse rund um die HGAA sind von Fehlentwicklungen und Fehlleistungen auf Landes- und auf Bundesebene gekennzeichnet“, heißt es in dem Dossier.

Schonungslos werden auf 394 Seiten die vier Lebensphasen der HGAA nachgezeichnet und analysiert: von der durch Großmannssucht getriebenen Expansion in südosteuropäische Länder, die ohne Landeshaftung nicht möglich gewesen wäre, über den Kauf durch die Bayerische Landesbank im Jahr 2007 und die als „alternativlos“ bezeichnete „Not-Verstaatlichung“ durch die Republik, bis hin zur Umsetzung derselben, bei der „eine klare Strategie“ fehlte.

Bereits in der ungebremsten Expansion der Kärntner Regionalbank sieht die Prüfkommission „Fehlleistungen“: Die für das Land und die Bank nicht tragbaren Risiken durch die Expansion seien unübersehbar gewesen. Auf ihrem Höchststand im Jahr 2007 betrug die Landeshaftung rund 23 Milliarden Euro – das Zehnfache der Landeseinnahmen. Deshalb liege hier ein klarer Fall von „moral hazard“ (zu deutsch: nicht vertretbares moralisches Risiko) vor.

Das Land rechnete offenbar damit, daß der Bund einspringen würde, sollte der Schadensfall tatsächlich eintreten. Dadurch bestand aus Sicht der Landespolitiker kein Grund, das Risiko zu drosseln und damit auf mögliche Einnahmen zu verzichten, so die Experten weiter in ihrer Untersuchung. Auch die Bank selbst wird angeprangert. Schließlich sah sie keinen Anlaß, das Wachstum zu mäßigen, „weil sie sich durch die Landeshaftung zu günstigen Bedingungen refinanzieren konnte und die Höhe der Haftungsprovision die Risiken nicht angemessen widerspiegelte“.

Nachdem die krisenhafte Entwicklung der Bank Ende 2009 endgültig offenbar wurde, hätten es die Entscheidungsträger des Bundes unterlassen, „die rechtlichen Rahmenbedingungen ausreichend zu prüfen und strategisch vorzugehen“. Der Prüfbericht zeige in allen Einzelheiten auf, wie erschreckend „amateurhaft und sachlich unbedarft“ die politischen Akteure in der Causa vorgingen, wie Griss bei der Präsentation erklärte.

Auch die Bayerische Landesbank (BayernLB) tat ihr Übriges: Im Prüfbericht wird daran erinnert, „daß die BayernLB die Bank ‘um jeden Preis’ haben wollte“, obgleich sie um die aussichtslose Lage der HGAA wußte. In Summe investierte sie fast acht Milliarden Euro in das Karawanken-Abenteuer. Für Bayern war der Einstieg in die Hypo also nicht nur die letzte Chance, in die Wachstumsmärkte Ost- und Südosteuropas zu investieren. Gleichzeitig hätte eine Insolvenz der Hypo auch München unweigerlich hinabgesogen.

Es folgte die Verstaatlichung, woraufhin die BayernLB ihre Hypo-Mehrheit von 67,08 Prozent für einen symbolischen Preis von einem Euro an Österreich abtrat. Während Bayern damit glimpflich davonkam, wurde die Causa für Österreich zum Desaster. Die Untersuchungskommission stellt fest, daß die als „Notverstaatlichung“ titulierte Übernahme durch den Bund gar nicht alternativlos war. „Dem Bund kann nicht zugebilligt werden, daß er seine Entscheidungen als Alleineigentümer der Hypo zum Wohle der Bank und der Allgemeinheit getroffen hat“, faßt das Dossier zusammen, welches nun als Basis für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß dienen könnte.

Währenddessen versucht die staatliche Bankbeteiligungsgesellschaft Fimbag die Einzelteile der HGAA zu verkaufen. Auch eine planmäßige Insolvenz ist im Gespräch. Dafür hat sich der Fimbag-Chef Hannes Androsch vor einer Woche ausgesprochen.

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