© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/14 / 12. Dezember 2014

Frisch gepresst

Ernst Kantorowicz. Viele der großen jüdischen Repräsentanten des deutschen Geistes fügen sich nicht in jene moralisierende Sparversion der Geschichte des Deutschen Reiches zwischen 1871 und 1945, wie sie die BRD-Volkspädagogik offeriert. Der sprachgewaltige Polemiker und Mussolini-Bewunderer Rudolf Borchardt (1877–1945) ebensowenig wie der gelehrte Kabbala-Forscher und passionierte Zionist Gershom Scholem (1897–1982) oder der ebenfalls dem Berliner Judentum entstammende krasse Antizionist und preußische Monarchist Hans-Joachim Schoeps (1909–1980). Und schon gar nicht der Posener Jude, Freikorpskämpfer und Mediävist Ernst H. Kantorowicz (1895–1963), dessen „Kaiser Friedrich der Zweite“ (1927) den Mythos vom „Geheimen Deutschland“ wie kein anderes Werk aus dem Kreis Stefan Georges nährte. Der jüngste Versuch einer Kantorowicz-Biographie, vorgelegt vom Frankfurter Historiker Janus Gudian, deutet diese ungeheure Komplexität deutsch-jüdischer Beziehungsgeschichte indes kaum an. Vielmehr wird deren Facettenreichtum in diesem exemplarischen Fall letztlich reduziert auf den „politischen Konvertiten“ Kantorowicz, der sich ab 1940 im US-Exil „heutigen Wertmaßstäben“ und dem „transnationalen und demokratischen Denken“ zumindest „angenähert“ habe. (wm)

Janus Gudian: Ernst Kantorowicz. Der „ganze Mensch“ und die Geschichtsschreibung. Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 2014, gebunden, 221 Seiten, Abbildungen, 14,80 Euro

 

Krieg in Südwest. Der Erste Weltkrieg auf dem kolonialen Nebenschauplatz Deutsch-Südwestafrika hat bereits nach knapp einem Jahr sein Ende gefunden. Zu übermächtig war die alliierte Südafrikanische Union gegenüber den etwa 5.000 mobilisierten Schutztruppen-Soldaten und eingezogenen deutschen Siedlern. Einen detaillierten Blick auf den Kriegsverlauf anhand zeitgenössischer Tagebucheinträge, Dokumente aus der deutschen Kolonie wie auch von den Feindmächten bietet die auf insgesamt fünf Bände angelegte Studie des in Namibia lebenden Bernd Kroemer. Im ersten Band wird der verzweifelte Abwehrkampf an der Südgrenze gegen die zehnfach überlegenen Südafrikaner geschildert, der zweite Band richtet den Fokus auch auf das Expeditionskorps des eigentlich neutralen Portugal, das aus Angola die Deutschen bekämpfte. (bä)

Bernd Kroemer (Hrsg.): Der 1. Weltkrieg in Deutsch-Südwestafrika 1914/15. 2 Bände. Glanz & Gloria Verlag, Windhuk 2013, broschiert, 170 & 178 Seiten, Abbildungen, 26,80 und 29,95 Euro

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