© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/14 / 12. Dezember 2014

Knapp daneben
Eßkultur ist Geldverschwendung
Karl Heinzen

In unserem Land sind 1,4 Millionen Jugendliche zum Besuch von Ganztagsschulen verurteilt. Ihr Tagesrhythmus ist spiegelbildlich zu jenem der Freigänger im Strafvollzug. Wenn die einen nach ihrem Tagewerk in die Knäste zurückkehren, um sich dort wohlbehütet schlafen zu legen, strömen die anderen aus den Bildungsvollzugsanstalten in ihre Wohnstallungen zurück, um den Standpauken überforderter Eltern zu lauschen, sie mögen doch bitte mehr Ehrgeiz und Fleiß an den Tag legen, weil sonst aus ihnen nichts würde.

Da auch junge Menschen tagsüber nicht ganz ohne Essen auskommen, müssen Schulen, die sie von morgens bis abends einsperren, irgend etwas anbieten, um den Hunger zu stillen. Für die meisten Kinder ist das ein Segen. Daheim müßten sie Fertiggerichtefraß aus dem Discounter herunterschlingen. Schulmensen hingegen haben qualitative Mindeststandards zu beachten. Es überrascht daher nicht, daß ihre Besucher mit dem Angebot recht zufrieden sind. In Umfragen wird es überwiegend mit den Noten „sehr gut“ und „gut“ bedacht.

Der Ernährungsminister hat, ehrlich, wie er ist, das entscheidende Stichwort geliefert.

Wo Jugendliche etwas mögen, ist aber Vorsicht angebracht. Die Schulverpflegung ist hier keine Ausnahme. Eine im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erstellte Studie führt nun wenig überraschend den Nachweis, daß die Kinder irren und die Speisepläne in ihren Mensen bedenklich sind, enthalten sie doch zuwenig Gemüse und viel zuviel Fleisch, Fett und Zucker. Man könnte die Schüler also gleich zu McDonald’s schicken und sich den ganzen Aufwand sparen.

Ernährungsminister Christian Schmidt will aber nicht kapitulieren. Es müsse doch möglich sein, so seine Forderung, Speisen anzubieten, die preiswert und qualitativ akzeptabel zugleich sind. Damit hat er, ehrlich, wie er ist, das entscheidende Stichwort geliefert. Fleischhaltige Kost ist nicht nur erzieherisch fragwürdig. Sie ist auch viel zu teuer. Es zeichnet Deutschland aus, daß seine Bürger lieber arbeiten und sparen, anstatt Zeit und Geld für eine vermeintliche Eßkultur zu verplempern. Dieses Leitbild erfolgreicher Lebensführung haben auch Schulen zu vermitteln.

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