© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/14 - 01/15 / 19. Dezember 2014

Entlarvt: Wer da einzahlt, wird über den Tisch gezogen
Die Riester-Lüge
Henning Lindhoff

Neue Hiobsbotschaften für die Riesterssparer: Die ersten ausgezahlten Beiträge sind viel niedrigerer als prognostiziert. Dieses „Geschäftsmodell“ ist den Namen nicht wert, weshalb Anbieter wie Swiss Life sich jetzt komplett zurückziehen. Riestern ist ein anderes Wort für Verballhornen geworden.

Eigentlich ist Geldanlage auf dem Kapitalmarkt gut. Doch mit einer reinen Geldanlage auf dem Kapitalmarkt hat Riester wenig zu tun. Reichtümer erlangen hier meist diejenigen, die selbst handeln, die Bilanzen lesen und Trends spüren. Nur selten aber diejenigen, die sich staatlichen Bürokraten und ihren Bütteln aus der Großfinanz an den Rockzipfel hängen. Indem die Schröder-Regierung die Versicherungsbranche ins Riester-Boot holte, breitete sie aber den roten Teppich aus für teure Fallstricke. Nicht nur der staatliche Bürokratieausbau wollte bezahlt werden, auch die Versicherungen, die als Schirmherren die staatlich geförderte Altersvorsorge strukturieren und vor allem im Rentenalter der Betroffenen die Auszahlungen garantieren sollen, verschlingen auch heute noch einen Großteil der aufgewendeten Spareinlagen.

Die Versicherungen rechnen sich arm: Lebenserwartungen von bis zu 100 Jahren für den Auszahlungsplan heranzuziehen, ist schon lange üblich. Nach Schätzungen der Riester-Kritiker muß zum Beispiel ein heute 30jähriger Mann mindestens 92 Jahre alt werden, um nur annähernd seine Beiträge samt Zinsen zurückzubekommen – von den staatlich versprochenen Zulagen oder gar den auf dem Kapitalmarkt erwirtschafteten Renditen ganz zu schweigen. Tatsächlich besteht laut Statistischem Bundesamt nur eine Lebenserwartung von 78 Jahren.

Riestern zahlt sich nur dort aus – ähnliche Sozial-Flops wie das Elterngeld lassen grüßen –, wo viel investiert werden kann. Doch gerade Geringverdiener, für deren Wohl Riester 2001 so herzensgut in die Fernsehkameras grinste, werden im Alter kaum etwas von ihren erriesterten Zusatzrenten sehen – auch dank der Steuerpflicht, die in der Auszahlungsphase voll zuschlägt.

Auch vor dem schärfsten Schwert der Staatsmafia verspricht die Riester-Rente kein Entkommen: Inflation frißt die Zusatzrente mit Haut und Haaren. Im Alter bleiben wortwörtlich nur Peanuts, lange nachdem die Versicherungsbranche den Hauptteil der Spareinlagen verfrühstücken durfte.

Das letzte Werbeargument der Versicherer sind die staatlichen Zuschüsse. Wo damals mit Traumrenditen von bis zu zehn Prozent geworben wurde, begnügt sich die Branche nun mit einem Vergleich zu Großmutters Sparstrumpf.

Es zeigt sich einmal mehr: Gute Ideen werden nicht vom Sozialsystem geboren. Und eine „bessere private Rente“, die ohne Zuschüsse aus dem Steuersäckel gar nicht nachgefragt werden würde, ist bei weitem die schlechteste aller denkbaren Ideen. Am Ende bleibt nur ein weiteres Paradebeispiel für den elenden Korporatismus zwischen staatlichem Gewalt- und Geldmonopol und der Finanzindustrie – zum Leid und Schaden vieler gutwilliger und gutgläubiger Sparer.

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