© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/15 / 02. Januar 2015

DVD: Mädchenhandel
Im Milieu der Mafia
Werner Olles

Ein nebliger Hafen nahe Neapel. Schwere Limousinen fahren vor, finstere Gestalten begleiten eine Gruppe fröhlich-unbedarfter Mädchen auf ein Transportschiff. Die jungen Frauen glauben, daß sie auf eine große Tanztournee in die USA gehen, doch tatsächlich sind sie bloß die billige Ware für einen anonymen Prostitutionsring. Der Mafioso Machedi (Marc Lawrence) und sein Handlanger Michele (Vittorio Gassman), die die Reise arrangiert haben, suchen indes das Mädchen Alda (Eleonora Rossi-Drago), das gerade noch rechtzeitig bei dem aus dem Gefängnis entlassenen Kleinganoven Carlo (Ettore Manni) Unterschlupf gefunden hat. So denkt sich Machedi einen perfiden Plan aus, der ihn nicht nur zum Chef der örtlichen Mafia macht, sondern auch dafür sorgt, daß Carlo, der Ganove mit dem großen Herz, wieder im Knast landet. Doch er hat seine Rechnung ohne Alda gemacht, die sich auf ein riskantes Katz-und-Maus-Spiel einläßt, um Carlo aus dem Gefängnis zu befreien und den Mädchenhändlern ihr schmutziges Handwerk zu legen …

„Mädchenhandel“ (La Tratta Delle Bianche, 1952) ist ein atmosphärisch dichter, sozialkritischer Film mit einer krassen Milieuschilderung. Regisseur Luigi Comencini, der ein Jahr später mit der Komödie „Brot, Liebe und Phantasie“ Gina Lollobrigida zum Weltstar machte, und sein Drehbuchteam – darunter Sergio Leone – inszenierten vor dem Hintergrund eines Landes in der Wiederaufbauzeit nach dem Zweiten Weltkrieg, das es trotz aller politischen Anstrengungen nicht schaffte, den unteren Schichten genügend Arbeit und Brot zu geben, ein ernsthaftes Sozialdrama. Comencini argumentierte, daß vor allem die schlecht ausgebildete arme Landbevölkerung im Süden von dem beginnenden Wirtschaftsaufschwung im Norden Italiens ausgeschlossen war und sich daher mit der örtlichen Mafia arrangieren mußte, um überleben zu können. Vom italienischen Neorealismus beeinflußt, verlieh er seiner Geschichte eine Authentizität, die das heimische Publikum ansprach und an den italienischen Kinokassen sehr gut ankam.

Darüber hinaus vermittelt „Mädchenhandel“ einen ersten Einblick in die Karriere von Sophia Loren, die hier unter ihrem ursprünglichen Künstlernamen Sofia Lazzaro in einer Nebenrolle auftritt.

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