© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/15 / 09. Januar 2015

Aufgeschnappt
Pornojagd auf Adam
Matthias Bäkermann

Fünfhundert Jahre konnte das berühmte Bild der Zensur trotzen. Erst Facebook hat jetzt Michelangelos Machwerk „Die Erschaffung des Adam“ als Pornographie überführt und seine Abbildung zensiert, wie die evangelische Nachrichtenagentur idea vergangenen Dienstag meldete. „Deine Werbeanzeige wurde abgelehnt“, denn diese dürfe „keine übermäßig sexualisierten Bilder einsetzen, den Eindruck von Nacktheit erwecken, viel Haut bzw. Dekolleté zeigen oder sich unnötigerweise auf bestimmte Körperteile konzentrieren“, teilte das soziale Netzwerk aus Kalifornien dem Wiener Religionsphilosophen Eckehard Bamberger mit. Bamberger wollte Werbung für sein Buch „Psalm 1 – Die Wege Gottes und des Menschen“ schalten und hatte das Buchcover mit dem leicht veränderten weltbekannten Deckenfresko aus der Sixtinischen Kapelle bebildert.

Unzweifelhaft erweckt Adam dort einen „Eindruck von Nacktheit“ und präsentiert „viel Haut“. Daß Michelangelo dem Betrachter den freien Blick auf Penis und Skrotum zumutet, mußte endgültig die Moralkontrolle aktivieren. Auch die sich aufdrängende Erklärung, daß nur ein Computerscanprogramm hinter dieser „absurden Zensur“ stehe, findet Bamberger nicht minder „besorgniserregend“.

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