© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/15 / 09. Januar 2015

Blick in die Medien
Aber bitte mit Sahne
Tobias Dahlbrügge

Für die Medien war der Tod von Udo Jürgens ein Großereignis erster Güte. Dieter Thomas Heck sagte mal: „Es gibt nur einen Udo – und der heißt Jürgens!“ Doch nun stellt sich heraus, daß dieser Udo Jürgens eine multiple Persönlichkeit war. Jedenfalls muß das Publikum das glauben, wenn es liest, für welch divergierende ideologische Positionen der Verstorbene von der Presse post mortem mißbraucht wird.

Die Welt vollbrachte das Kunststück, in einem Artikel über Helene Fischer auch noch Udo Jürgens unterzubringen und aus dem Migrationshintergrund der beiden Erfolgsdeutschen (die eine aus Krasnojarsk, der andere aus Klagenfurt) irgendwie ein Anti-Pegida-Stück zurechtzuschnitzen. Einfallsreich.

Merke: Journalisten können in Interviews nicht nur Antworten verdrehen!

Die österreichische Presse gab einen Kursus in Antifa-Journalismus und berichtete, Jürgens’ Karriere habe in einem „Nazi-Kaffeehaus“ begonnen, weil dort zuvor auch einmal NSDAP-Leute ein- und ausgegangen waren. Mit dieser Pirouette soll verhindert werden, daß die Straße, in der sich das Café befand, in Udo-Jürgens-Straße umbenannt wird.

Profil veröffentlichte ein Interview aus dem Jahr 2002, das angeblich „aus Termingründen“ nie gedruckt wurde. Nach Fragen über den Erfolg, Sex und Alkohol wechseln die beiden Redakteurinnen unvermittelt das Thema und wollen wissen: „Glauben Sie, daß das unstete Verhalten von Jörg Haider mit psychischer Labilität zu begründen ist?“ und schieben hinterher: „Daß Haider diesem Land massiv geschadet hat, steht ja so oder so außer Zweifel.“ Jürgens gibt eine konfuse Antwort und schaltet schnell wieder zu Frauengeschichten um. Merke: Journalisten können in Interviews nicht nur Antworten verdrehen!

Doch auch andere Stimmen beanspruchen ihren Udo: Islamkritische Blogs verbreiten ein Interview von 2007, in dem Jürgens anprangert, daß orientalische Jugendliche ihre Opfer als „Scheißdeutsche“ beschimpfen. Udo, der Islamkritiker? Herrje! Der Mann wollte doch einfach nur singen und Frauen erobern!

Gott hab’ ihn selig.

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