© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/15 / 16. Januar 2015

Der Nachwuchs schlägt leisere Töne an
Junge Alternative: AfD-Nachwuchs wählt Vorsitzenden
Hinrich Rohbohm

Gebannt blicken die Mitglieder der Jungen Alternative (JA) auf die weißen Zettelhaufen, die sich nach jedem Griff der Stimmzähler in die Wahlurnen höher stapeln. Längst hat sich um die Tische der Auszähler eine Menschentraube gebildet. Zu spannend ist das Kopf-an-Kopf-Rennen, das sich der Baden-Württemberger Markus Frohnmaier und der Thüringer Philipp Meyer bei ihrer Kampfabstimmmung in der Saalbau-Halle von Bottrop um den Vorsitz der AfD-Nachwuchsorganisation liefern.

Am Ende setzt sich Meyer durch, gewinnt mit 105 zu 93 Stimmen. Es ist das Finale in einem Machtkampf um die politische Ausrichtung der Jugendorganisation. Während Markus Frohnmeier für einen deutlichen nationalkonservativen Kurs steht, plädieren die Konservativen und Liberalen in der JA für gemäßigtere Töne, wie sie Philipp Meyer verkörpert.

Schon der Tagungsort war umstritten. Denn Bottrop, so die Kritiker aus dem Lager um Frohnmaier, sei allein aus taktischen Gründen für den Kongreß ausgewählt worden. Hintergrund: Der mitgliederstärkste Landesverband Nordrhein-Westfalen besteht überwiegend aus Anhängern des gemäßigten Flügels. Mit der Auswahl einer Stadt im äußersten Westen von NRW seien die süddeutschen Verbände aufgrund weiter An-und Abreisen benachteiligt, argumentieren die Kritiker. „Hessen wäre für alle Beteiligten geographisch besser gewesen“, sagt einer von ihnen. „Na ja, taktische Spielchen hat doch gerade das rechte Lager betrieben“, heißt es von der Gegenseite. Schließlich hätten die Frohnmaier-Anhänger versucht, die Wahlen um einen Tag vorzuverlegen, um zu vermeiden, daß sich aufgrund des weiten Fahrtweges ihr Lager dezimiert, sollte sich die Entscheidung um den JA-Vorsitz hinauszögern.

Auch in ihrem Wesen unterscheiden sich die beiden Kandidaten deutlich. Frohnmaier ist der bessere Rhetoriker, der in der Vergangenheit bereits seine Kampagnenfähigkeit bewiesen hat und zudem innerhalb der JA und der AfD gut vernetzt ist. Doch die Parolen des 23jährigen wirken oft etwas zu forsch, zu radikal, sein Auftreten manchmal zu hitzköpfig.

Philipp Meyer wirkt dagegen fast schüchtern, seine Rede und sein Auftreten noch etwas unbeholfen. Doch mit seiner ruhigen, besonnenen Art schafft es der 31jährige, Vertrauen bei den Mitgliedern zu gewinnen. „Ich will einigen“, lautet seine Botschaft, mit der er vor allem die im „Clinch“ liegenden Landesverbände Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen meint.

Der Vater von zwei Kindern ist im sächsischen Freiberg aufgewachsen. Im Alter von fünf Jahren verließ er die damalige DDR Richtung Bayern. „Meine Eltern hatten 1988 einen Ausreiseantrag gestellt“, erzählt er der JUNGEN FREIHEIT. Das SED-Regime hatte die Mutter mit einem Berufsverbot belegt. Seit 2011 lebt der Logistiker „einer mittelständischen Bäckerei“ in Erfurt, wo er während des Landtagswahlkampfs als stellvertretender Pressesprecher der AfD fungierte.

Meyer steht für direkte Demokratie, spricht sich für Volksentscheide auf Bundesebene aus und bekennt sich zum westlichen Verteidigungsbündnis, wenngleich er es gern sehen würde, wenn Deutschland „nach Möglichkeit“ zu allen Großmächten gute Beziehungen pflege. Der Mißbrauch des Asylrechts müsse unterbunden, die Abschiebung straffällig gewordener Ausländer konsequent erfolgen. „Wirkliche Asylsuchende“ sollten hingegen in Deutschland auch arbeiten dürfen. Darüber hinaus setzt er sich für den Erhalt des Mittelstands und ein vereinfachtes Steuerrecht ein. „Verbandsintern sehe ich meine Hauptaufgabe darin, ausgleichend zwischen den unterschiedlichen Lagern in der JA zu vermitteln. Ob mein Angebot dazu angenommen wird, muß man sehen“, sagt er.

Markus Frohnmaier jedenfalls zeigte sich nach der Wahl als fairer Verlierer, beschenkte seinen Kontrahenten sogar mit einem Strauß roter Rosen. Als er jedoch für das Amt des Stellvertreters von Meyer vorgeschlagen wird, verzichtet er. „Er wird dann doch lieber im nächsten Jahr erneut für den Vorsitz kandidieren“, prognostiziert einer seiner Anhänger.

In einer anderen in der AfD derzeit heftig umstrittenen Frage ist sich die JA hingegen weitgehend einig. Auf ihrem eigenen Kongreß sprach sie sich bei wenigen Ausnahmen für einen alleinigen Vorsitzenden und gegen eine Zweier- oder Dreierspitze aus. Ein Umstand, der AfD-Chef Bernd Lucke gefallen dürfte. Dessen Rede auf dem JA-Kongreß kam bei Teilnehmern beider Lager gut an. „War wirklich klasse“, meint ein Anhänger des konservativen Flügels. Lediglich die Äußerung des AfD-Chefs, daß es keine Islamisierung sei, wenn Kinder im Kindergarten mit Rücksicht auf muslimische Kinder kein Schweinefleisch essen dürften, ließ den Beifall verhaltener ausfallen.

Angesprochen auf den Führungsstreit der AfD solidarisieren sich die meisten JA-Mitglieder mit dem Aushängeschild der Partei. „Bernd Lucke ist enorm wichtig für die AfD. Wir dürfen ihn jetzt nicht demontieren“, sagen sie lagerübergreifend. Das sieht auch Philipp Meyer so. „Ich hoffe, daß sich in der Satzungsfrage vernünftige Kompromisse finden lassen, die beiden Seiten gerecht werden“, zeigt sich der neue Vorsitzende gleich schon einmal von seiner ausgleichend wirkenden Seite.

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