© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/15 / 16. Januar 2015

Das letzte Aufgebot
Fernsehen: Neunte Staffel des Dschungelcamps geht auf Sendung / Ohne Dirk Bach wie Urwald ohne Wald
Bernd Rademacher

Kennen Sie Sara Kulka? Oder Angelina Heger? Oder wissen Sie, wer Jörn Schlönvoigt ist? Machen Sie sich nichts daraus, wenn Sie diese Namen noch nie gehört haben – es handelt sich um „Prominente“, die RTL am 16. Januar ins „Dschungelcamp“ schickt.

Zur neunten Ausgabe der Trash-Sendung werden die Musterungskriterien nochmals gelockert. RTL wirft das letzte Aufgebot in den Quotenkrieg. Die jüngste Kandidatin ist erst 22 Jahre alt. Ihr Beruf wird mit „Bachelor-Kandidatin“ angegeben.

Der Altersdurchschnitt wird von Walter Freiwald dramatisch angehoben. Der Senior der Kompanie ist Verkäufer für Schrottprodukte bei einem Teleshopping-Sender und war einst Co-Moderator der prähistorischen RTL-Show „Der Preis ist heiß“. Eine Mahnung, rechtzeitig an die Altersvorsorge zu denken!

Eine Zumutung für Schaben und Würmer

Um die Entwürdigung auf die Spitze zu treiben, wird dem Publikum jeweils eine Teilnehmerin nackt serviert, und zwar in der kommenden Playboy-Ausgabe. Die unvermeidliche Bild berichtet, diesmal habe Angelina Heger „das Glück“, in den „Genuß“ zu kommen, sich für das Magazin ausziehen zu dürfen. Wie beneidenswert!

Die Truppe erwartet das Los ihrer Vorgänger: in schwüler Hitze brüten, Tier-Genitalien essen und in glibbrigen Schleim getunkt werden. Zum Gaudium des Pöbels im Circus Televisionensis.

Und doch wird der Spaß nur noch bemüht sein. Ohne Dirk Bach (†) ist das Dschungelcamp wie Urwald ohne Wald. Die hundsgemeinen Kommentare des kleinen Dicken haben die Prüfungen der Kandidaten erst richtig grausam gemacht. Sein farbloser Nachfolger kann’s nicht.

Wenn einer der Dschungel-Insassen jetzt den erlösenden Satz ruft: „Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“, ist das schon dreist gestrunzt. Von echten Promis der ersten Staffeln wie Brigitte Nielsen, Ingrid van Bergen, Harry Wijnvoord oder Hippie-Urviech Rainer Langhans ist RTL inzwischen weit, weit entfernt. PR-Sätze wie „bekannt aus der Lindenstraße“ sind eigentlich Realsatire.

Dennoch haben sich die Einschaltquoten auf relativ stabilem Niveau bei durchschnittlich sieben Millionen Zuschauern eingependelt. Die Kosten werden mit circa 30 Millionen Euro pro Staffel angegeben. 2013 wurde die Sendung mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Na ja, wenn’s sonst nix gibt ...

Natürlich kann man diese Show fürchterlich finden. Fairerweise muß man zugeben, daß niemand mit Gewalt gezwungen wird, sich den Quatsch anzusehen. Und im Gegensatz zu den „Qualitätssendern“ preßt RTL den Zuschauern dafür kein Geld ab! Einzig Tierschutzgründe sprechen gegen die Sendung: Kann man Schaben und Würmern wirklich zumuten, von diesen ekligen Resterampen-Tussis angekreischt zu werden?

Dabei fällt das Dschungelcamp vielleicht doch noch aus. Bild weiß, daß der Wetterbericht für die Region im australischen Urwald schwere Regenfälle und Gewitter bei über 30 Grad vorhersagt. Das Dschungelcamp ein Opfer des Klimawandels? Noch ein Grund, die CO2-Hysterie gelassen zu sehen ...

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Foto: Moderatoren des 2015er Aufgusses Daniel Hartwich und Sonja Zietlow: Berichten täglich aus dem australischen Busch – in Direktübertragung Frauen sitzen, die tonnenweise Folie in den Haaren haben“

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