© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/15 / 20. Februar 2015

Der Kampf um die Millionen ist entbrannt
Rundfunk: Ein Werbe-Aus bei ARD und ZDF würde die Gebühren erhöhen und die Industrie verärgern
Christian Schreiber

Die Rundfunkgebühren werden den öffentlich-rechtlichen Sendern erneut Rekordeinnahmen bescheren. Für den Zeitraum von 2013 bis 2016 sollten ARD und ZDF etwas mehr als 31 Milliarden Euro kassieren. Anfang des Monats wurde die Prognose noch einmal um mehr als 1,5 Milliarden Euro angehoben. Seitdem ist eine Diskussion darüber entbrannt, wie mit dem Geldregen zu verfahren ist. Fest steht bislang, daß sie nicht auf die Konten der Öffentlich-Rechtlichen wandern werden: „Mehreinnahmen kommen auf ein Sperrkonto“, sagte der Geschäftsführer der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), Horst Wegner.

Sicher ist ebenfalls, daß durch die Mehreinnahmen die Beitragszahler ein Stück weit entlastet werden, weil der Monatsbetrag im April von 17,98 auf 17,50 Euro sinken wird. Seit Januar 2013 gilt in der Bundesrepublik dieser generelle Beitrag, den jeder Haushalt zu zahlen hat.

Zusätzliche Einnahmen gehen aufs Sperrkonto

Dieser ist grundsätzlich nicht an die tatsächliche Inanspruchnahme gebunden, sondern allein für die Möglichkeit zur Inanspruchnahme zu zahlen. Diese neue Regelung hat bis heute zu zahlreichen Protestaktionen geführt. Kritiker werfen den staatlichen Sendern einen überteuerten Verwaltungsapparat und Verschwendungssucht vor. In Deutschland gilt bisher das Modell der dualen Finanzierung, neben den Einnahmen aus der „Zwangsabgabe“ haben die Sender eine begrenzte Möglichkeit, Gelder durch Werbung und Sponsoring zu generieren. Generell gilt, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk keine Möglichkeit hat, Werbung nach 20 Uhr schalten zu lassen.

Seit Jahren tobt daher eine verbale Auseinandersetzung zwischen unterschiedlichen Interessengruppen. Vertreter der privaten Sender fordern ein generelles Werbeverbot für die staatliche Konkurrenz, Unternehmerverbände würden sich dagegen mehr Reklamemöglichkeiten in ARD und ZDF wünschen.

So versucht der Markenverband e.V. anhand einer Studie zu belegen, daß ein Werbeverbot eklatante Einschnitte für Firmen bedeuten würde. Statt dessen sei sogar über eine Aufhebung der „20-Uhr-Sperre“ nachzudenken: „Den werbenden Markenunternehmen würde der Zugang zu wichtigen Zuschauergruppen und Qualitätsprogrammen verschlossen“, heißt es in dem Papier, weiterhin könne das Privatfernsehen diese Lücke nicht ausfüllen, weil gerade hochwertige Produkte dort nur ungerne beworben würden, weil ARD und ZDF einen „höheren Bildungsstand bei ihren Zuschauern“ hätten: „Dies gilt insbesondere für Qualitätszielgruppen wie Markenbewußte und Personen mit höherem Bildungsstand und Einkommen, die für viele Markenunternehmen und Anbieter von hochwertigen Qualitätsprodukten essentiell sind.“

Angesichts der steigenden Einnahmen und der unterschiedlichen Interessen ist die Politik nun bemüht, eine möglichst salomonische Lösung zu finden. Im Juni wollen die Ministerpräsidenten über eine Reduzierung der Werbezeiten beraten. „Rheinland-Pfalz kann sich eine Werbereduzierung vorstellen, das muß aber im Zusammenhang mit der Beitragsstabilität gewichtet werden“, sagte Staatssekretärin Jacqueline Kraege (SPD) der Deutschen Presse-Agentur.

Fällt die Werbung weg, dann steigen die Gebühren wieder

Das Land Rheinland-Pfalz, Sitz des ZDF in Mainz, ist maßgeblich für die Meinungsbildung der Länder. Einen kompletten Verzicht auf Werbung nannte Kraege jedoch illusorisch. Die Einnahmen von ARD und ZDF durch Werbespots und Sponsoring, das seit Jahresbeginn nur noch bei Sport-Großereignissen erlaubt ist, betragen derzeit rund 500 Millionen Euro im Jahr. Davon entfällt für das Jahr 2014 mit 366 Millionen Euro der größte Anteil auf die ARD (Fernsehen und Hörfunk). Der Privatsenderverband VPRT fordert daher eine schnelle Reduzierung des Werbeanteils bei der staatlichen Konkurrenz, will sogar über ein generelles Verbot nachdenken. Dies hätte allerdings zur Folge, daß der Rundfunkbeitrag dann noch einmal steigen würde. Sollten Werbung und Sponsoring bei ARD und ZDF komplett wegfallen, müßte ein Haushalt künftig im Monat 1,26 Euro mehr zahlen als bisher.

Werbeeinnahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind übrigens nicht nur in Deutschland umstritten. Der damalige französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy plante, die heimischen Staatssender komplett werbefrei zu halten, „um die Leute nicht zu unterrichten und nicht zu verführen“. Die Einbußen hätten durch eine stärkere Besteuerung der Werbeeinnahmen der Privatsender ausgeglichen werden sollen. Die Pläne wurden nach der Abwahl Sarkozys nicht mehr weiterverfolgt. In Großbritannien dagegen ermunterte die Politik den Staatssender 2013, „kommerzielle Einnahmen in Höhe von 300 Millionen Pfund zu erzielen“, da die Gebühren schlicht zu hoch geworden seien.

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