© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/15 / 20. Februar 2015

Härte und Empfindsamkeit
Bismarck: Eine Dokumentation zeigt die Stationen im Leben des größten europäischen Staatsmannes seiner Zeit
Detlef Kühn

Die Qualität des Geschichtsunterrichts an deutschen Schulen läßt bekanntlich zu wünschen übrig. Diese Lücken versucht gelegentlich das Fernsehen zu schließen. Arte hat sich jetzt Otto von Bismarck vorgenommen und sendet einen 53 Minuten langen Film über den Eisernen Kanzler. Er kann nicht als sonderlich gelungen bezeichnet werden.

Der Film, für den offenbar nur bescheidene Mittel zur Verfügung standen, beginnt mit der Entlassung Bismarcks durch Kaiser Wilhelm II. im Jahre 1890. Bismarck ist emotional getroffen und läßt gegenüber seinem Sekretär Bu-cher seiner Wut über das Verhalten des Kaisers freien Lauf. Beide werden von Schauspielern dargestellt und sind praktisch die einzigen historischen Gestalten, die authentisch wirken.

Ansonsten jagt der Zuschauer im Galopp durch das lange 19. Jahrhundert und die wechselnden Rollen, die Bismarck darin übernommen hatte. Politische Entwicklungen werden nur mit Stichworten angedeutet, Fakten der Einfachheit halber von Fachleuten erzählt, wobei die Schauspielerin und Regisseurin Maria von Bismarck noch am kompetentesten wirkt. Fotos, Stiche und Gemälde dienen der Bebilderung. Bismarck soll nicht nur als „harter Hund“, sondern auch als empfindsamer Typ wahrgenommen werden, der angeblich oft rätselhaft und unberechenbar erschien.

Obwohl Bismarcks Leben und Politik wahrhaftig genug Aufregungen und Spannung bieten, wirkt der Arte-Film streckenweise langweilig. Bestimmte Bildmotive werden mehrmals wiederholt und sollen wohl bedeutungsschwanger wirken (der schwer atmende alte Bismarck an eine Eiche gelehnt; die jetzt an Friedrichsruh vorbeirasenden IC-Züge). Sie stehen aber nicht für Empfindsamkeit, wie der Untertitel des Films andeutet, sondern eher für Sentimentalität – und die kann Otto von Bismarck nun wirklich nicht nachgesagt werden.

Härte und Empfindsamkeit. 21. Februar, 20.15 Uhr , Arte. Wiederholungen: 22. Februar (14.50 Uhr) und 26. Februar (17.30 Uhr)

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