© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/15 / 06. März 2015

In der Spur der Väter
Jeder Schwede muß den Wasalauf auf sich nehmen, um ein richtiger Mann zu sein
Lukas Steinwandter

Einmal im Jahr verwandelt sich das südschwedische Gebiet zwischen Sälen und Mora in ein Mekka für Langläufer aus aller Welt und gleichzeitig zum größten Volksfest Skandinaviens. Innerhalb einer Woche starten rund 50.000 Athleten in mehreren Wettkämpfen in der historischen Provinz Dalarna. Der Hauptwettbewerb ist der traditionelle Wasalauf über 90 Kilometer. Am kommenden Sonntag ist es dieses Jahr wieder soweit. 15.800 Langläufer werden die Strapazen auf sich nehmen. Mehr Teilnehmer sind nicht erlaubt, obwohl es deutlich mehr sein könnten. Die 15.800 verfügbaren Startplätze sind nach Einschreibestart im Vorjahr bereits nach nur zehn Minuten ausgebucht.

Was ist das Besondere an diesem Volkslanglauf? Für den erfolgreichen Langläufer Thomas Steurer aus Nordtirol ist es das Drumherum und die „ganz besondere Energie“. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT erklärt er, der Wasalauf sei „das mit Abstand härteste und lässigste Rennen im Jahr, deshalb fahre ich heuer auch zum 14. Male rauf“. Eine weitere Besonderheit an diesem Rennen dürfte die Tatsache sein, daß hier die Weltelite gleichermaßen wie der gewöhnliche Breitensportler zeitgleich an den Start gehen. Es gilt die Devise: Jeder Schwede muß den Wasalauf einmal im Leben auf sich nehmen, um ein richtiger Mann zu sein.

Seit jeher wird der König der Volkslangläufe in der klassischen Technik ausgetragen. Dies bedeutet harte Arbeit für die Wachstechniker. Denn obwohl der höchste Punkt der Strecke schon nach fünf Kilometern erreicht ist, zehren die 90 langen Kilometer am Material. Für ausreichend Nachschub an Steigwachs und Nahrung sorgen sieben Streckenposten. Kraft geben soll da die berühmte Blaubeersuppe. Rund 40.000 Liter dieses süß-roten Saftes werden alljährlich auf eigenen Feuerstellen warm gemacht und den Läufern in Pappbechern angeboten. Hinzu kommen noch 35.000 Liter Sportgetränke und 16.000 Liter Gemüsebouillon.

Das Rennen dominieren seit Jahren die Skandinavier

Wer etwas Festes zwischen die Zähne möchte, der bekommt neben Sportriegeln die bekannten Wasalauf-Hefestücke in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt. Über 50.000 Stücke dieses Kuchens werden für den Renntag gebacken.

Unter den Teilnehmern ist auch jedes Jahr reichlich Prominenz aus Politik und Gesellschaft am Start. Im vorigen Jahr nahmen etwa Kronprinz Frederik von Dänemark, der Schweizer Verteidigungsminister Ueli Maurer und der Eishockeystar Peter „Foppa“ Forsberg über die 90 Kilometer teil. Mit dem Ausgang des Rennens hatten sie aber nichts zu tun. Es dominieren seit Jahren Skandinavier, allen voran Norweger und Schweden. Die Spitzenathleten sind in privaten Profiteams organisiert, vergleichbar mit denen im Radsport.

Jene Läufer, die die 90 Kilometer lange Strecke bezwungen haben, werden im Zielort Mora mit dem heroischen Motto des Wasalaufs begrüßt: „I fäders spår för framtids segrar“ – „In der Väter Spur, für Sieger der Zukunft“. Die Tradition spielt bei dem Lauf, der dieses Jahr zum 91. Male ausgetragen wird, ohnehin eine wichtige Rolle. Der Journalist und Zeitungsverleger Anders Pers hatte in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Idee, mit einem „Vasaloppet“ zwischen Mora und Sälen die legendäre Flucht von Gustav I. Wasa auf Skiern vor den Soldaten des dänischen Königs Christian II. im Jahr 1521 ins Bewußtsein zu rufen und zu tradieren.

Der erste moderne Wasalauf fand am 19. März 1922 mit rund 120 Teilnehmern statt. Der Sieger Ernst Alm benötigte 7.32,49 Stunden für die 90 Kilometer. Heute benötigen die Eliteläufer je nach Schnee- und Wetterbedingungen knapp unter vier Stunden. Die letzten werden nach über 13 Stunden Quälerei das Zielbanner erreichen. Für die vier Millionen schwedischen Zuschauer werden es echte Männer sein.

www.vasaloppet.se

Live-Stream im Internet: www.swixskiclassics.com/

Webcam vom Start in Sälen: www.webcam.vasaloppet.se/ 

Webcam vom Ziel in Mora: www.kamera.mora.se/

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