© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/15 / 13. März 2015

Draghi erhöht die Eurodosis und vernichtet damit Kaufkraft
Geld flutet die Märkte
Thorsten Polleit

Die EZB macht Ernst: Sie kauft jetzt Anleihen in Höhe von 60 Milliarden Euro pro Monat. Die Käufe bezahlt sie mit neuen, „aus dem Nichts“ geschaffenen Euro. Dadurch sollen – zunächst einmal – bis Herbst 2016 1,14 Billionen Euro geschaffen werden. Die EZB wird die Anleihekurse in die Höhe treiben und deren Renditen absenken. Sie will die Anleihen selbst dann noch kaufen, wenn ihre Verzinsung bis auf den Einlagenzins, der aktuell –0,2 Prozent beträgt, gefallen ist. Dadurch macht sie nicht nur Verluste – die natürlich, wie alle „Rettungsmaßnahmen“, von den Steuerbürgern zu tragen sind. Sie zwingt damit auch viele Euro-Anleiherenditen, über alle Laufzeiten hinweg, auf oder sogar unter die Nullinie. Spekulationsblasen auf den Geldmärkten, die ohnehin schon auflaufen, werden dadurch verschlimmert.

Das Anleihe-Aufkaufprogramm (QE) führt vor allem zu einer „monetären Überdosis“. In einer ersten Stufe kommt es vermutlich zu einer Vermögenspreisinflation. In einer zweiten Stufe werden auch die Lebenshaltungskosten ansteigen, und zwar stärker als es die EZB-Politiker in Aussicht stellen.

Warum soll überhaupt die QE-Politik verfolgt werden? Die sinkenden Lebenshaltungskosten signalisieren keine Deflation. Die Konsumgüterpreise sinken, weil der Ölpreis stark gefallen ist. Dieser Effekt ist vorübergehend, nicht dauerhaft. Die Bankkredite im Euroraum wachsen längst schon wieder. Im Januar 2015 stiegen sie um 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch die Geldmengen steigen bereits merklich: Im Januar wuchs die Geldmenge M3 um 4,1Prozent gegenüber dem Vorjahr, die Geldmenge M1 sogar um 9,0 Prozent. Hinter der QE-Politik der EZB steckt Kalkül: Sie weiß, daß der Euroraum nur zusammengehalten werden kann, wenn der Euro inflationiert wird und die Schulden von Staaten und Banken entwertet werden. Dafür sorgt die EZB.

Ultratiefe Euro-Zinsen und die Aussicht auf eine Aushöhlung der Kaufkraft des Euro werden den Außenwert der Einheitswährung – insbesondere gegenüber dem US-Dollar – weiter abwerten lassen. Zum Schaden der Bürger im Euroraum. Denn was immer auch quacksalberische Ökono-men der Öffentlichkeit an konjunkturbeflügelnden Wirkungen versprechen: Eine Politik der Währungsabwertung – hinter der sich nichts anderes verbirgt als die Zerrüttung des Währungswertes – macht die Volkswirtschaft nicht reicher, sondern läßt sie verarmen. Und wer meint, die Kräfte, die die EZB-Geldpolitik heraufbeschwört, seien beherrschbar, der wird vermutlich sehr bald eines Besseren belehrt werden: Die EZB-Geldpolitik hat das Zeug dazu, einen kaum mehr einzufangenden Vertrauensverlust in den Euro auszulösen, der zu einer großangelegten Kapitalflucht und zu einem Crash der Einheitswährung führen kann. Denn schwindet das Vertrauen in den Euro, kann die EZB mit Zinssteigerungen nicht mehr dagegenhalten – denn dann würde der Euro-Schuldenturm kollabieren.

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