© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/15 / 13. März 2015

Ukraine-Konflikt: „Niedrigschwelliger Ermüdungskrieg“
Streit innerhalb der Kapitalistenklasse
(ob)

Der russisch-ukrainische Konflikt ist für den neomarxistischen Politologen Detlef Kannapin kein Erbe der Sowjetzeit, sondern entspringt „hundertprozentig“ dem „Kapitalismus ohne vernünftiger Ordnungsidee“ (Das Argument, 310/2014). Es handle sich nämlich um einen geopolitischen Streit innerhalb der west- und osteuropäischen Kapitalistenklasse, der wie die meisten internationalen Konflikte der Gegenwart im Sinne spätimperialistischer Strategie- und Konzeptionslosigkeit als „Ermüdungskrieg im niedrigschwelligen Bereich“ geführt werde. Dabei stünden sich das „jeder Beschreibung spottende“ politische Personal der Ukraine, eine Ansammlung bereicherungssüchtiger Oligarchen, die auf weitere US- und EU-Hilfen spekulieren, und das autokratische Regime Wladimir Putins gegenüber, das in Rußland ebenso bemüht sei, Alternativen zum Kapitalismus mindestens „zu neutralisieren“. Folglich könne es, wie selbst der Putin-Kritiker Boris Kagarlitzki konzediere, „keine richtige Seite“ geben. Bei beiden Kontrahenten zeigten sich aber bereits die regressiven gesellschaftlichen Effekte des Konflikts, da der zu Sowjet-zeiten erreichte kollektive Bewußtseinsstand inzwischen von „irrationalistischen Geisteshaltungen“ unterspült werde, die „Alkoholsucht, Analphabetismus und Kinderverwahrlosung“ im Gefolge hätten.

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